Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. keine Berücksichtigung von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 2 Abs 7 S 1 BEEG idF vom 9.12.2010. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz. rückwirkende Aufhebung der Elterngeldbewilligung bei Änderung der Einkommensverhältnisse. Erstattungsforderung. Ermessen
Orientierungssatz
1. Die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung sind bei der Berechnung der durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkünfte nach der Geburt des Kindes nach § 2 Abs 7 S 1 BEEG idF vom 9.12.2010 nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, da es insoweit an der Verknüpfung zwischen Beitragsleistung und Erwerbstätigkeit fehlt (vgl BSG vom 5.4.2012 - B 10 EG 6/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 15).
2. Hierin liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG, zumal sich der fehlende Abzug von Beiträgen zur privaten Versicherung im Bemessungszeitraum durchaus zugunsten des Elterngeldberechtigten auswirken kann.
3. Das Fehlen einer Prüfung im angefochtenen Bescheid über die rückwirkende Aufhebung der Elterngeldbewilligung, ob ein atypischer Fall vorliegt, macht diesen nicht rechtswidrig (vgl BSG vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 14).
4. Je nachdem, ob man einen Bescheid, mit welchem der bisherige Elterngeldbescheid teilweise aufgehoben und vorläufig ein geändertes Elterngeld bewilligt worden ist, als Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB 10 oder als eine vorläufige Neufestsetzung ansieht, folgt die Erstattungsforderung entweder aus § 50 Abs 1 S 1 SGB 10 oder aus § 50 Abs 2 SGB 10 (vgl BSG vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R aaO). In beiden Fällen ist § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10 anzuwenden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23.09.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob bei der Berechnung des Elterngeldes für den Zeitraum 09.10.2011 bis 08.08.2012 Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
Die 1976 geborene Klägerin ist von der Rentenversicherungspflicht befreit und Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte. Seit Anfang 2011 ist sie privat krankenversichert. Ab dem 16.02.2004 arbeitete sie in Vollzeit bei der M Versicherung in N und wurde außertariflich entlohnt. Der Arbeitgeber zahlte ihr Zuschüsse zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Am 09.08.2011 wurde ihr Sohn Q geboren. Vom 19.06.2011 bis zum 04.10.2011 befand sie sich im Mutterschutz.
Am 22.08.2011 beantragte die Klägerin Elterngeld, wobei sie angab, nach der Geburt kein Einkommen zu haben. Die Beklagte gewährte ihr mit Bescheid vom 20.09.2011 Elterngeld für den Zeitraum 09.10.2011 bis 08.08.2012 in Höhe von 1.800 EUR für den dritten bis zwölften Lebensmonat des Kindes.
Vom 01.11.2011 befristet bis zum 31.01.2012 arbeitete sie in Teilzeit in einem Umfang von 10 Wochenstunden, vom 01.02.2012 befristet bis zum 30.09.2012 in einem Umfang von 20 Wochenstunden. Das Gehalt wurde jeweils zum Monatsende ausgezahlt.
Nach Bekanntwerden der Arbeitsaufnahme zum 01.11.2011 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 20.09.2011 mit Bescheid vom 11.11.2011 teilweise auf und gewährte nunmehr nur noch vorläufig Elterngeld und zwar in Höhe von 1.128,41 EUR für den dritten bis sechsten Monat und in Höhe von 1.800 EUR für den siebten bis zwölften Monat. Es sei eine Überzahlung in Höhe von 671,59 EUR eingetreten, deren Erstattung verlangt werde, wobei der Erstattungsbetrag ab dem vierten Lebensmonat einbehalten werde. Bei der Berechnung des Einkommens berücksichtigte die Beklagte die Arbeitgeberzuschüsse zum Versorgungswerk sowie zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Einkommen. Nach Bekanntwerden der weiteren Beschäftigung ab dem 01.02.2012 hob die Beklagte den Bescheid vom 11.11.2011 mit weiterem Bescheid vom 22.02.2012 teilweise auf und gewährte nunmehr für den dritten bis zwölften Lebensmonat vorläufig 458,28 EUR monatlich. Es sei eine Überzahlung von 3.887,24 EUR eingetreten, deren Erstattung verlangt werde, wobei der Erstattungsbetrag ab dem achten Lebensmonat aufgerechnet werde.
Am 29.12.2012 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, die von ihr gezahlten Beiträge zum Versorgungswerk sowie zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung seien nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Die Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 19.05.2012 teilweise insofern ab, als sie die Beiträge der Klägerin zum Versorgungswerk im Bezugszeitraum nicht als Einkommen berücksichtigte und der Klägerin für den dritten bis zwölften Lebensmonat vorläufig 522,07 EUR monatlich gewährte. Eine Nichtberücksichtigung im Bemessungszeitraum ändere nichts am Bemessungsentgelt. Es sei eine Überzahlung von 1.578,18 EUR eingetreten, deren Erstattung verlangt werde. Eine weitergehende Abhilfe sei nicht möglich. Das Elterngeld für den ze...