Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht eines Bauingenieurs für die Tätigkeit als Bauoberleiter. Arbeitgeberwechsel. Rechtsänderung. Fortgeltung des früheren Formbefreiungsbescheides der BfA
Orientierungssatz
Zur Fortgeltung der Regelungswirkung eines Formbefreiungsbescheides der früheren BfA bei Arbeitgeberwechsel oder Rechtsänderung, der Umfang bzw Dauer der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht in Bezug zu einem -zumindest bestimmbaren - konkreten (Einzel-)Beschäftigungsverhältnis gesetzt hat, sondern vielmehr (allgemeiner) angeordnet hat, dass die Befreiung für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer verbindlich gilt, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.8.2016 geändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger aufgrund des Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 5.9.1995 weiterhin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten. Ansonsten sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1967 geborene Kläger hat den Beruf des Wasserbauwerkers erlernt und später ein Fachhochschulstudium des (Bau-)Ingenieurwesens erfolgreich abgeschlossen (Abschluss im März 1994: Diplom-Bauingenieur FH). Seine erste Beschäftigung als Bauingenieur übte der Kläger vom 15.4.1994 bis 31.7.1997 als Bauleiter/Kalkulator bei der Firma C GmbH aus. In der Folgezeit war er als Bauleiter bei den Firmen N GmbH (bis Dezember 1997), (erneut) C GmbH (Januar 1998 bis Juni 2000), L Bauunternehmung GmbH (Juli 2000 bis April 2001), G G Ing.-Büro GmbH (Mai 2001 bis September 2008) und N Tiefbau GmbH (Oktober 2008 bis Oktober 2011) beschäftigt. Seit dem 1.11.2011 steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis als Bauoberleiter bei der F-genossenschaft F, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Der Kläger ist seit dem 1.5.1995 Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (NW) und seit dem 23.3.1998 freiwilliges Mitglied der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen (NRW). Die Ingenieurkammer Bau NRW ist kraft Anschlusssatzung dem Versorgungswerk der Architektenkammer NRW angeschlossen.
Am 4.7.1995 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), mit dem Formblatt "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht" die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten des Versorgungswerks der Architektenkammer NW. Er gab im Vordruck als Arbeitgeber die Firma C GmbH in E und als Beginn des "derzeitigen Beschäftigungsverhältnisses" den 15.4.1994 an.
Die BfA befreite den Kläger mit Wirkung zum 1.5.1995 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (Formularbescheid vom 5.9.1995). Der Bescheid trägt die Überschrift "Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)" und regelt mit im Wesentlichen vorgedrucktem Text:
Auf Ihren Antrag werden Sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.
Beginn der Befreiung 1. Mai 1995
Weiter heißt es, dass die Befreiung erst "ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung" (= angekreuzte Alternative) wirke. Der danach folgende Text lautet:
"Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.
Die Befreiung erstreckt sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt werden."
Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung. Sodann heißt es in gleicher Textform weiter:
"Die BfA hat bei Wegfall der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zu widerrufen.
Sie sind daher verpflichtet, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall de...