Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter. Streitgegenstand. Folgebescheid. analoge Anwendung des § 96 SGG. Absetzung von Kfz-Haftpflichtversicherung und Kfz-Steuern
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage einer analogen Anwendung des § 96 SGG im Falle der Grundsicherung nach § 41 SGB 12.
2. Bezieht in einer Bedarfsgemeinschaft ein Hilfebedürftiger Leistungen nach § 41 SGB 12 und der andere nach dem SGB 2, sind die Kosten der Kfz-Versicherung und Kfz-Steuer nicht vom Einkommen des nach dem SGB 12 Leistungsberechtigten abzuziehen.
Orientierungssatz
1. Folgebescheide über Leistungen nach §§ 41ff SGB 12, die nach Klageerhebung ergangen sind, sind in analoger Anwendung des § 96 SGG in das gerichtliche Verfahren einzubeziehen, wenn dieselbe Rechtsfrage betroffen ist und sich die Tatsachengrundlagen in den Bescheiden nicht geändert haben.
2. Kosten für eine Kfz-Haftpflichtversicherung und Kfz-Steuern für ein Auto, das nicht zu einem sozialhilferechtlich anerkannten Zweck gehalten wird, können nicht vom Einkommen eines nach §§ 41ff SGB 12 Leistungsberechtigten abgesetzt werden, wenn diese Ausgaben beim nach dem SGB 2 leistungsberechtigten Ehegatten wegen fehlenden Einkommens nicht berücksichtigt werden können.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen, im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Grundsicherungsleistungen im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die Klägerin ist am 00.00.1939 geboren. Sie lebt mit ihrem am 00.00.1941 geborenen Ehemann zusammen, der seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II bezieht und der Eigentümer und Halter eines Personenkraftwagens ist. Sie stellte am 03.10.2004 einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Sie gab an, dass sie ab 01.01.2005 eine Altersrente beziehen werde. Die Klägerin und ihr Ehemann verfügen über verschiedene Versicherungen sowie über einen Pkw, dessen Wert mit 1.500-2.000 Euro angegeben wurde. Außer den SGB II Leistungen verfügt der Ehemann über kein Einkommen.
Mit Bescheid vom 20.12.2004 bewilligte die Beklagte ab Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.10.2004 legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass Versicherungsleistungen nur zum Teil berücksichtigt worden seien. Auch sei die Kraftfahrzeugversicherung nicht von ihrem Renteneinkommen abgesetzt worden. Ferner wurde die Frage gestellt, ob die Kfz-Steuer nicht ebenfalls Berücksichtigung finden müsse. Durch Bescheide vom 30.12.2004 und 24.01.2005 wurde der Ausgangsbescheid geändert, die KFZ-Versicherung und die KFZ-Steuer wurden jedoch nicht berücksichtigt. Mit Bescheid vom selben Tage wurden Leistungen für den Monat Februar 2005 bewilligt. Mit Schreiben vom 06.02.2005 legte die Klägerin Widerspruch ein und wiederholte im Wesentlichen, dass Versicherungsbeiträge nicht angemessen berücksichtigt worden seien und dass die Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 249 Euro und die Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 132 Euro vom Einkommen hätten abgesetzt werden müssen. Die allgemeine Rechtsprechung des LSG und BSG müsse berücksichtigt werden. Hierzu legte die Klägerin ein von ihrem Ehemann erstrittenes Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 04.02.2004 (Az.: L 12 AL 216/03) vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2005 gab die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin insoweit statt, als für die Dauer der Laufzeit der bestehenden Hausrat- und Haftpflichtversicherung die Beträge in voller Höhe berücksichtigt werden sollten. Bezüglich der begehrten Anerkennung von Beiträgen für die KFZ-Versicherung und die KFZ-Steuer wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII seien zwar Beiträge für Versicherungen abzusetzen, die gesetzlich vorgeschrieben seien. Allerdings gelte auch hier der Grundsatz, dass nur Ausgaben für notwendige und angemessene Versicherungen berücksichtigt werden könnten. Gesetzlich vorgeschriebene KFZ-Versicherungen können nur dann einkommensmindernd angerechnet werden, wenn das Halten des Personenkraftwagens notwendig und angemessen sei, z.B. für die Fahrten zu einer Arbeitsstelle. Im Fall der Klägerin sei jedoch der Besitz eines PKWs nicht notwendig, da dieser nicht erforderlich sei, um eine Arbeitsstelle zu erreichen. Der PKW diene ausschließlich dem Privatinteresse. Auch wenn er relativ alt sei und kein verwertbares Vermögen mehr darstelle, führe dies aber nicht dazu, dass auch die Versicherungsbeiträge berücksichtigt werden müssten.
In der Folgezeit erließ die Beklagte weitere Bescheide und zwar am 22.04.2005 für Mai 2005, 23.05.2005 für Juni und Juli 2005, 24.08.2005 für September, 23.09.2005 für Oktober 2005, 24.10.2005 für November 2005, 21.11.2005 für Dezember 2005, 21.12.2005 für Januar 2006 und...