Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Fortzahlung des Krankengeldes

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Fortzahlung des Krankengeldes verlangt nach §§ 44 Abs. 1, 46 S. 1, 192 SGB 5, dass der Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld alle Voraussetzungen erfüllt, um damit mit Beginn des nächsten Tages einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen. Dies gilt bis einschließlich 22. 7. 2015.

2. Nach der ab dem 23. 7. 2015 gültigen Fassung des § 46 Abs. 1 S. 2 SGB 5 bleibt der Krankengeldanspruch bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, wenn die ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Eine rückwirkende Anwendung dieser Vorschrift ist ausgeschlossen.

3. Ist die rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert worden, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzurechnen sind, so besteht nur dann ein Anspruch auf Fortzahlung des Krankengeldes, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die rechtzeitige ärztliche Feststellung zu sichern (BSG Urteil vom 11. 5. 2017, B 3 KR 22/15 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.08.2018; Aktenzeichen B 3 KR 20/18 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20.05.2014 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ein weiterer Anspruch auf Krankengeld zusteht.

Der 1974 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er ging vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2013 einer unbefristeten Beschäftigung bei einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen als Verwaltungsangestellter nach (Tätigkeit überwiegend am PC).

Er erkrankte ab dem 26.11.2012 arbeitsunfähig. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung gewährte ihm die Beklagte ab dem 28.01.2013 Krankengeld in Höhe eines kalendertäglichen Bruttokrankengeldes von 40,70 EUR (Nettokrankengeld: 35,69 EUR). In der Zeit vom 22.07.2013 bis 19.08.2013 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme unter Bezug von Übergangsgeld. Am 19.08.2013 wurde er als arbeitsunfähig aus der stationären Rehabilitationsklinik entlassen. Im Anschluss daran suchte er am 20.08.2013 die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie N auf, die bei ihm bis zum 02.09.2013 (Montag) Arbeitsunfähigkeit attestierte. Am 03.09.2013 konsultierte der Kläger diese Ärztin erneut, die bis zum 17.09.2013 weiterhin Arbeitsunfähigkeit feststellte.

Mit Bescheid vom 04.09.2013 lehnte die Beklagte die Fortzahlung des Krankengeldes ab dem 03.09.2013 ab. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers sei am 31.03.2013 beendet worden. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 03.09.2013 sei nicht lückenlos, sodass die Fortwirkung eines Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht in Betracht komme, weswegen weder Krankengeld gewährt werden könne noch Versicherungsschutz bestünde. Auf diese Rechtsfolgen sei der Kläger mit Schreiben vom 31.01.2013 auch hingewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 05.09.2013 Widerspruch ein. Er sei rückblickend immer seinen Pflichten gegenüber der Krankenkasse nachgekommen. Seine Ärztin hätte den Auszahlschein versehentlich auf 13 statt auf 14 Tage datiert, welches er in seiner Routine nicht berücksichtigt habe. Dies sei von beiden Seiten ein Fehler und Versehen. Der Kläger reichte zum Nachweis einen von der Ärztin korrigierten Auszahlungsschein ein, auf dem der 02.09.2013 auf den 03.09.2013 mit dem Vermerk eines Versehens korrigiert worden war.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ergänzend wies sie darauf hin, dass auch ein nachgehender Anspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V aufgrund einer Familienversicherung nicht gegeben sei.

Dagegen hat der Kläger am 15.11.2013 Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben. Er habe lückenlos ärztlich attestiert seine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen. Im Hinblick auf die zuvor geübte Praxis der 14-tägigen Verlängerung der Krankschreibung und der regelmäßigen Terminierung bei seiner behandelnden Ärztin sei offensichtlich, dass die Krankschreibung auch weiterhin um 14 Tage verlängert werden sollte. Es handele sich bei der Eintragung des 02.09.2013 statt des 03.09.2013 daher ausschließlich um einen Schreibfehler und damit um einen Erklärungsirrtum. Dieser Schreibfehler sei nachträglich korrigiert worden. Dementsprechend sei er auch noch für den 03.09.2013 krankgeschrieben gewesen. Bis zum 22.04.2014 lägen lückenlose Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Arbeitslosengeld I oder II habe er nicht bezogen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unter Aufheb...

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