Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. nur tageweise ausgeübte Tätigkeit eines Facharztes für Allgemeinmedizin im ärztlichen Bereitschaftsdienst einer Fachklinik für Psychotherapie. Abgrenzung. selbstständige Tätigkeit. abhängige Beschäftigung
Orientierungssatz
Zur Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung bei einer nur tageweise ausgeübten Tätigkeit eines Facharztes für Allgemeinmedizin im ärztlichen Bereitschaftsdienst einer Fachklinik für Psychotherapie.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.12.2012 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 15.2.2017 wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu einem Fünftel und die Beklagte zu vier Fünftel, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.381,80 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) zuletzt noch über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen einer für die Klägerin im Zeitraum vom 15.3.2010 bis zum 30.10.2013 jeweils tageweise ausgeübten Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Die im Handelsregister des Amtsgerichts Münster (HR B 000) eingetragene Klägerin ist Trägerin der im Jahr 1993 eröffneten D-Klinik für Psychotherapie, die sich als Privatklinik zunächst auf die verhaltenstherapeutische Behandlung von Angststörungen, bulimischen Essstörungen und Rückfallproblemen bei Substanzabhängigkeiten spezialisiert hatte. Später erweiterte die Klinik ihr Angebot auf die Therapie von anorektischen Essstörungen, Zwangserkrankungen, posttraumatischen Belastungsstörungen sowie Partnerschafts- und Sexualproblemen. In den Jahren 2010 bis 2013 wurden auf insgesamt 50 Therapieplätzen Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren mit Angst- und Zwangserkrankungen, anorektischen und bulimischen Essstörungen, Medienabhängigkeiten, Depressionen, Persönlichkeits- sowie Traumafolgestörungen behandelt.
Die Klinik verfolgt ein individuelles und intensives Behandlungskonzept mit bis zu zehn stationären Einzeltherapieeinheiten pro Woche. Zur Umsetzung dieses Therapiekonzepts werden im Tagesbetrieb zwei angestellte Ärzte tätig, die mit ca. 30 Psychologen und psychologischen Psychotherapeuten zusammenwirken. Nach Angaben der Klägerin werden neben Privatpatienten etwa 40% der Patienten nach vorheriger Genehmigung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt.
Mit Bescheid der Stadt N vom 27.1.1999 wurde der Klägerin die Konzession zum Betrieb einer Privatnervenklinik zur Behandlung von nicht pflegebedürftigen Patienten mit psychotherapeutischen Verfahren auf der Grundlage von § 30 Gewerbeordnung (GewO) erteilt. Die Genehmigung, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird, enthielt zur Sicherstellung der nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GewO geforderten medizinischen und pflegerischen Versorgung der Patienten u.a. folgende Nebenbestimmung Nr. 1:
"Die Konzession wird unter der Auflage erteilt, dass der Bereitschaftsdienst täglich 24 Stunden durch einen diensthabenden Psychologen durchzuführen ist. Darüber hinaus ist die ausreichende medizinische Betreuung durch die Einrichtung einer ständigen ärztlichen Rufbereitschaft durch einen Arzt für Psychiatrie sicherzustellen."
Der am 00.00.1948 geborene Beigeladene zu 1) ist ausgebildeter Facharzt für Allgemeinmedizin. Bis zum 30.6.2011 nahm er in niedergelassener Praxis an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 15.10.2010 übt er zudem im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung (B Personal, I) eine Beschäftigung als Bereitschaftsarzt in der von der Beigeladenen zu 4) getragenen orthopädischen Reha-Klinik N, Bad S, aus. Der Beigeladene zu 1) ist wegen Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung seit dem 21.11.1978 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit (Bescheid vom 5.3.1979).
Als Ergebnis einer für den Prüfungszeitraum vom 1.1.2005 bis zum 31.12.2008 durchgeführten Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) traf die Beigeladene zu 4) gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 28.7.2009 Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status eines von der Klägerin auf honorarvertraglicher Grundlage beauftragten Bereitschaftsarztes. Nach Beiziehung und Auswertung weiterer Unterlagen traf dieser Regionalträger mit weiterem Bescheid vom 20.12.2010 für den o.g. Prüfungszeitraum Feststellungen zur Versicherungspflicht weiterer von der Klägerin beauftragter Bereitschaftsärzte (X. B, N. I, M. I, Q. I, C. L, G. T, N. T, S. T, C. M, Dr. F. C, Q. L, E. X, N. C, N. E, T. M, I. T, Dr. D. Q, T. U) und erhob für diese nachträglich Pflichtbeiträge zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bzw. Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Re...