Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. angemessene Lernförderung. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. keine Übernahme von Kosten für eine schulische Nachmittagsbetreuung. kein Anspruch aus Art 6 Abs 2 GG
Orientierungssatz
1. Eine durch eine (private) Schule kostenpflichtig angebotene freiwillige Nachmittagsbetreuung, deren Ziel es ist, die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes weiter zu fördern, stellt keine Lernförderung iS des § 28 Abs 5 SGB 2 dar.
2. Eine solche Nachmittagsbetreuung kann auch nicht als Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft iS des § 28 Abs 7 SGB 2 anerkannt werden, da es sich um ein schulisches Angebot handelt.
3. Aus dem elterlichen Grundrecht auf Erziehung aus Art 6 Abs 2 S 1 GG lässt sich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Nachmittagsbetreuung ableiten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.12.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Kosten für eine schulische Nachmittagsbetreuung im Zeitraum 01.08.2010 bis 31.07.2013 streitig.
Die 2004 geborene Klägerin bezog im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrer Mutter durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Die Klägerin besuchte eine private Grundschule, die "L-Schule". Für die (freiwillige) Nachmittagsbetreuung fielen im streitgegenständlichen Zeitraum Kosten zwischen 130 EUR und 190 EUR monatlich an. Die Mutter der Klägerin absolvierte ab 01.02.2013 eine dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin beim Caritasverband für den S-Kreis e.V. in I.
Mit Schreiben vom 17.11.2010, das der Agentur für Arbeit L am 29.11.2010 zugegangen ist, beantragte die Klägerin die Übernahme von Kosten für die schulische Nachmittagsbetreuung.
Mit Bescheid vom 23.07.2012 lehnte der Beigeladene die Gewährung von Leistungen nach § 28 SGB II ab. Die Kosten für die Nachmittagsbetreuung seien im Bildungspaket nicht enthalten.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch mit der Begründung, für sie sei es unerheblich, aus welchem Etat die Kosten übernommen würden. Ihr Antrag habe Leistungen nach dem SGB II unabhängig von der einzelnen Sparte oder dem einzelnen Etat betroffen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie sei für die Bearbeitung des Widerspruchs zuständig, da die Trägerversammlung des Jobcenters beschlossen habe, dass die Beklagte zur Umsetzung des Paketes für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II die Widerspruchs- und Klagesachbearbeitung übernehme. Die von der Klägerin begehrten Kosten für eine Nachmittagsbetreuung seien von § 28 SGB II nicht umfasst. Insbesondere fielen unter § 28 Abs. 5 SGB II lediglich Leistungen für Schülerinnen und Schüler, die eine zum schulischen Angebot ergänzende angemessene Lernförderung benötigten, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich sei, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. § 28 Abs. 7 SGB II decke lediglich die Teilhabe für Vereins-, Kultur- oder Ferienangebote ab. Für den Musikunterricht der Klägerin sei insoweit bereits der gesetzliche Höchstbetrag von 10,00 EUR monatlich gewährt worden. Ebenso sei eine Übernahme der Kosten für die Nachmittagsbetreuung auch nach § 21 SGB II und § 24 SGB II nicht möglich, da die Kosten der Nachmittagsbetreuung keinen unabweisbaren, laufenden, besonderen Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II darstellten. Durch die Nichtgewährung der Übernahme der Kosten für die Nachmittagsbetreuung sei die Sicherung des Lebensunterhalts der Klägerin nicht gefährdet. Die Kosten der Nachmittagsbetreuung seien auch nicht unter § 24 Abs. 1 SGB II zu subsumieren, da diese Kosten nicht vom Regelbedarf gedeckt seien und darüber hinaus nicht zum unabweisbaren Bedarf zählen würden.
Am 24.10.2012 hat die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Gewährleistung einer Nachmittagsbetreuung Voraussetzung für die Arbeitsaufnahme ihrer Mutter, die aktuell eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviere, gewesen sei. Für den Besuch der privaten "L-Schule" werde kein Schulgeld gezahlt. Kosten würden allein für die Nachmittagsbetreuung entstehen. Im Gegensatz zu den städtischen Schulen sei die Nachmittagsbetreuung kostenpflichtig. Sie habe die Schule zur Förderung ihrer musikalischen Veranlagung gewählt. Sie sei Mitglied im Domchor. Diese Angebote müssten frei nutzbar sein und dürften nicht durch die Verweigerung der Übernahme der Kosten der Nachmittagsbetreuung diskriminiert werden. Die Besucher von Schulen in freier Trägerschaft und die Besucher von staatlichen Schulen müssten im Hinblick auf die Kosten der Nachmittagsbetreuung gleichbehandelt werden. ...