Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Arbeitslosengeldes. Bemessungsentgelt. Teilung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts im Bemessungsrahmen durch 365 Tage. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung des Bemessungsentgeltes iS von § 131 Abs 1 S 1 SGB 3 ist das im Bemessungsrahmen (1 Jahr) erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt durch 365 Tage zu teilen. Bei der Berechnung kann nicht der Monat mit 30 Tagen angesetzt werden (entgegen LSG Stuttgart vom 13.6.2008 - L 8 AL 3829/07 und vom 6.3.2009 - L 8 AL 3880/08).

2. Diese Berechnungsweise verletzt nicht Art 14 Abs 1 GG.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 11.07.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Arbeitslosengeldes.

Der 1945 geborene Kläger meldete sich am 27.12.2006 mit Wirkung zum 1.1.2007 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er war ausweislich der Arbeitsbescheinigungen der Firma I O GmbH & Co. KG vom 9.1.2007 in der Zeit vom 1.12.1985 bis zum 31.3.2006 als Geschäftsführer der I1 O Verwaltungsgesellschaft mbH tätig gewesen. Nach dem Arbeitsvertrag vom 31.3.2006 beschäftigte seine frühere Arbeitgeberin den Kläger nach seiner Abberufung als Geschäftsführer im Anschluss daran bis zum 31.12.2006 als kaufmännischen Angestellten. Sein Bruttoarbeitsentgelt betrug im Jahr 2006 monatlich 5.250 EUR.

Für die Zeit vom 1. bis zum 7.1.2007 stellte die Beklagte wegen verspäteter Meldung als arbeitssuchend eine einwöchige Sperrzeit sowie eine Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs um sieben Tage fest. Der entsprechende Bescheid vom 31.01.2007 ist Gegenstand des beim Sozialgericht Münster anhängigen Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 15 AL 30/07.

Mit Bescheid vom 26.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 8.1.2007 bis zum 29.6.2008 bei einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 63,36 EUR unter Zuerkennung einer Dauer von 540 Kalendertagen. Der Bemessungszeitraum umfasse gemäß § 130 SGB III die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Dieser umfasse ein Jahr. Das Bemessungsentgelt sei gemäß § 131 Abs. 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Der Bemessungszeitraum umfasse das gesamte Jahr 2006 und somit 365 Tage. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt betrage 63.000 EUR. Daraus ergebe sich ein durchschnittliches tägliches Entgelt von 172,60 EUR.

Hiergegen hat der Kläger am 19.3.2007 vor dem Sozialgericht Münster Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass das Bemessungsentgelt 175 EUR betrage. Die Beklagte könne nicht bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts das erzielte Arbeitsentgelt durch 365 Tage teilen und andererseits 360 Tage für die Ermittlung des Zahlbetrages zugrunde legen. Der Gesetzgeber könne nicht gewollt haben, dass der jeweils ungünstigere statistische Wert in die Berechnung einfließe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26.1.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2007 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 175 EUR zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Eine Einbuße erleide der Kläger nicht, da eine Minderung nur eingreife, wenn der Anspruch erfüllt werde. Aus § 134 SGB III ergebe sich, dass das Arbeitslosengeld für Kalendertage berechnet und geleistet werde.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.7.2008 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Im letzten Jahr vor der Entstehung seines Arbeitslosengeldanspruches habe der Kläger ein Bruttoarbeitsentgelt von 63.000 EUR (5.250 EUR mal 12) erzielt. Das durchschnittliche auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 SGB III betrage 172,60 EUR (63.000 EUR durch 365 Tage). Entgegen der Auffassung des Klägers entspreche diese Teilung durch 365 Tage der eindeutigen gesetzlichen Regelung. Dass Anspruchsdauer und Bemessungsentgelt unterschiedlich berechnet würden, habe einen sachlichen Differenzierungsgrund, der darin liege, dass das Arbeitslosengeld realistisch bemessen werden solle nach dem, was tatsächlich im einjährigen Bemessungsrahmen an Arbeitsentgelt erzielt worden sei.

Gegen den am 17.7.2008 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 11.8.2008 Berufung ein. Er ist der Ansicht, § 134 SGB III regele implizit, dass auch bei der Ermittlung der Basis für das Arbeitslosengeld ein voller Kalendermonat mit 30 Tagen heranzuziehen sei. Der Gesetzgeber erwähne die Zahl 365 Tage an keiner Stelle des SGB III. Das tägliche b...

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