Entscheidungsstichwort (Thema)

Medizinisches Versorgungszentrum. Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Abgabe selbstschuldnerischer Bürgschaften durch die Gesellschafter einer GmbH. Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist kein Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Wird ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH betrieben und ist Gesellschafter der GmbH eine juristische Person, so ist allein diese bürgschaftspflichtig (vgl SG Marburg vom 12.12.2007 - S 12 KA 395/07 und vom 2.8.2010 - S 12 KA 808/09 und LSG Darmstadt vom 25.4.2012 - L 4 KA 67/10).

2. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist kein Widerspruchsverfahren iS des § 78 SGG, sondern gilt gem § 97 Abs 3 S 2 SGB 5 nur als solches. Mit seiner Anrufung wird der Berufungsausschuss für die streitbefangene Zulassungssache ausschließlich zuständig und behält diese Zuständigkeit bis zur rechtsverbindlichen Erledigung des Verfahrens. Das Verfahren vor ihm ist ein umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz (vgl BSG vom 27.1.1993 - 6 RKa 40/91 = SozR 3-2500 § 96 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.10.2014; Aktenzeichen B 6 KA 36/13 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.03.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des zweiten Rechtszuges einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 5).

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, wer für ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) betrieben wird, die selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung nach § 95 Abs. 2 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) abgeben muss.

Mit notariellem Vertrag vom 20.12.2007 errichtete die katholische Kirchengemeinde St. K vor dem lateinischen Tore - Körperschaft des öffentlichen Rechtes - in U (im Folgenden: Kirchengemeinde St. K) die Beigeladene zu 5), die Medizinisches Versorgungszentrum am St. K Krankenhaus GmbH, und brachte eine Stammeinlage i.H.v. 25.000,00 EUR ein. Mit weiterem notariellen Vertrag vom 22.07.2008 verkaufte die Kirchengemeinde St. K ihren Geschäftsanteil an die St. K Krankenhaus gGmbH in U. Die erwerbende St. K Krankenhaus gGmbH gab selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen zu Gunsten der Klägerin und der Krankenkassen ab.

Die Beigeladene zu 5) unterrichtete den Zulassungsausschuss für Ärzte Köln (Zulassungsausschuss) unter Übersendung der Bürgschaftserklärungen u.a. darüber, dass die Kirchengemeinde St. K die bisher gehaltenen Gesellschaftsanteile an der MVZ-Trägergesellschaft an die St. K-Krankenhaus gGmbH veräußert habe. Diese sei gründungsberechtigt i.S.d. § 95 Abs. 1 Satz 6 SGB V, da sie ausweislich des beigefügten bestandskräftigen Feststellungsbescheides vom 14.03.2008 als Krankenhausträgerin in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen sei. Zudem bat die Beigeladene zu 5) um Genehmigung von Änderungen hinsichtlich bei ihr angestellter Ärzte.

Der Zulassungsausschuss genehmigte diverse Änderungen in den Beschäftigungsverhältnissen der Beigeladenen zu 5) und stellte im Übrigen unter Ziff. 1 seines Beschlusses vom 26.09.2008 fest:

Der Ausschuss nimmt den Wechsel der Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums am St. K Krankenhaus GmbH zur Kenntnis. Ab 13.08.2008 übernimmt die St. K Krankenhaus gGmbH in U, X-Straße 00, die Trägerschaft.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Zulassungsausschuss habe den Wechsel der Trägerschaft des MVZ zur Kenntnis genommen. Die Voraussetzungen der Gründereigenschaft seien nicht geprüft worden. Insbesondere sei fraglich, ob die Bürgschaftserklärung ordnungsgemäß erfolgt sei. § 95 Abs. 2 SGB V setze für die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts voraus, dass die Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen zu Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Krankenkassen (KKen) gegen das MVZ aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgäben. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung sei, dass die KVen und KKen zum Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten Rückforderungs- und Schadensersatzansprüche absichern würden. Nach der Gesetzesbegründung solle diese Regelung kooperative Versorgungsformen, die in der Rechtsform einer juristischen Person organisiert seien, haftungsrechtlich den als Personengemeinschaft organisierten kooperativen Versorgungsformen (Gemeinschaftspraxis, MVZ in der Freiberuflervariante) in einem wichtigen Bereich gleichstellen. Vertragsärzte, die als Einzelperson (Einzelpraxis) oder Gesamthand (Berufsausübungsgemeinschaft) in vertragsarztrechtlichen Beziehungen zu einer KV und zu KKen stünden, hafteten akzessorisch analog den §§ 128, 129 Handelsgesetzbuch mit ihrem Privatvermögen. Diese Haftungserstreckung müsse zum Schutz der Gemeinschaft der anderen in der KV durch Pflichtmitgliedschaft organisierten vertragsärztlichen Leistungserbringer un...

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