Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenübernahme. Rettungsfahrt. Verordnung durch Krankenhausarzt. keine anschließende ärztliche Behandlung
Leitsatz (amtlich)
Die von einem Arzt im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausgestellte Verordnung von Krankentransport verpflichtet die Krankenkasse gegenüber dem Leistungserbringer zur Vergütung des Transportes.
Orientierungssatz
Rettungsfahrten iS der Krankentransport-Richtlinien Nr 2 sind Transporte zum Krankenhaus mit qualifizierten Rettungsfahrzeugen, die deshalb erforderlich sind, weil sich der Versicherte infolge Verletzung oder Krankheit in unmittelbarer Lebensgefahr befindet oder sein Gesundheitszustand in kurzer Zeit eine lebensbedrohende Verschlechterung erwarten läßt, wobei es unerheblich ist, ob eine stationäre oder ambulante Behandlung stattfindet.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von insgesamt 3.567 DM Gebühren für Transporte mit Krankentransport- und Rettungstransportwagen.
Die Klägerin ist die Trägerin des Rettungsdienstes in der Stadt L Sie unterhält im Rahmen ihrer Berufsfeuerwehr einen Rettungsdienst mit Krankentransport- und Rettungstransportwagen. Nach der Satzung über die Erhebung von Gebühren für den Rettungsdienst vom 21.12.1990 erhebt die Klägerin Gebühren zur Deckung der ihr durch den Rettungsdienst entstehenden Kosten (§ 1 Abs. 1 der Satzung). Gebührenpflichtig ist nach § 1 Abs. 2 der Satzung, wer den Rettungsdienst in Anspruch nimmt, bestellt oder bestellen läßt. Ab dem 01.05.1993 betrug die Gebühr für einen Transport mit dem Rettungswagen oder Krankentransportwagen innerhalb des Stadtgebietes (Zone 1) 237,80 DM.
Im Zeitraum zwischen Juli 1993 und April 1995 wurden die bei der Beklagten Versicherten S, F und Z, die im damaligen Zeitraum ohne festen Wohnsitz waren, vom Rettungsdienst in insgesamt 15 Fällen mit Rettungs- bzw. Krankentransportwagen zur Notfallaufnahme des Kreiskrankenhauses L gebracht, nachdem sie in alkoholisiertem hilflosem Zustand auf der Straße aufgefunden worden waren. Benachrichtigt wurde der Rettungsdienst von Privatpersonen bzw. der Polizei. Einsätze des Rettungsdienstes erfolgten für den Versicherten F am 30.08.1993, für die Versicherte Z am 14.04.1995 und für den Versicherten Stuckmann am 07.07.1993, 09.07.1993, 17.08.1993 (18.08.1993 -- der Einsatz lag um Mitternacht), 27.01.1994, 25.02.1994, 28.02.1994, 11.03.1994, 17.03.1994, 11.04.1994, 01.06.1994, 22.09.1994, 21.02.1995 und 13.04.1995. In allen Fällen stellten die Ärzte des Kreiskrankenhauses L auf einem in der vertrags (kassen) ärztlichen Versorgung vorgesehenen Formular eine Verordnung einer Krankenbeförderung vom Platz des Auffindens der Personen in das Krankenhaus aus. Eine Aufnahme zur stationären Behandlung erfolgte in keinem Fall. Nur für einen Teil der Einsätze liegen Notfall-Versorgungsberichte des Krankenhauses vor. Soweit die transportierten Personen im Krankenhaus bekannt waren, stellte das Krankenhaus Verordnungen für tatsächlich durchgeführte Krankentransporte auch dann aus, wenn die betreffenden Personen nicht von einem Arzt gesehen worden waren.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten die Bezahlung der Rettungsgebühren. Sie vertrat die Auffassung, es sei davon auszugehen, daß eine medizinische Behandlung durchgeführt worden sei, wenn die Ärzte die Notwendigkeit eines Transportes bescheinigt hätten. Eine ärztliche Behandlung liege nach dem Urteil des BSG vom 01.02.1995 (SozR 3-2500 § 76 Nr. 2) auch dann vor, wenn die Behandlung nur dazu diene, einen Notfall auszuschließen. Die Beklagte lehnte die Übernahme der Rettungsgebühren ab (zuletzt Schreiben vom 08.10.1995).
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, bei den beförderten Personen handele es sich um Nichtseßhafte, die überwiegend wegen Alkoholintoxikation oder einer sonstigen hilflosen Lage in das Krankenhaus befördert worden seien. Bei hilflosen und verwirrten Personen mit einem fraglichen Unfallereignis sei grundsätzlich der zügige Transport ins nächst erreichbare Krankenhaus indiziert, da ansonsten die Gefahr bestehe, wegen unterlassener Hilfeleistung belangt zu werden. Eine ärztliche Behandlung finde schon dann statt, wenn nur ein Befund zum Ausschluß einer ernsthaften Erkrankung erhoben werde, zumal die Unterscheidung zwischen einem lebensbedrohlichen Zustand und einer "bloßen" Alkoholisierung schwierig sei. Die Beklagte hat demgegenüber die medizinische Notwendigkeit der Transporte bestritten und die Auffassung vertreten, Transportkosten müßten nur übernommen werden, wenn objektiv die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung bestanden habe. Im übrigen könne sie nicht unmittelbar auf Zahlung der Gebühren in Anspruch genommen werden, da hinsichtlich der Transportkosten das Kostenerstattungsprinzip gelte.
Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Im Berufungsverfahren hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, daß für die Transportkosten das Kostenerstattungspr...