Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. soziales Entschädigungsrecht. ordnungsgemäße Prozeßvertretung des Landes Nordrhein-Westfalen. Auflösung des Landesversorgungsamtes
Orientierungssatz
Zur ordnungsgemäßen Prozeßvertretung des Landes Nordrhein-Westfalen iS des § 71 Abs 5 SGG durch die Bezirksregierung Münster als Folge der Auflösung der bisherigen Landesoberbehörde "Landesversorgungsamt" (vgl LSG Essen vom 31.1.2001 - L 10 VS 28/00).
Nachgehend
Tatbestand
Der 1922 geborene, in N/Polen lebende Kläger begehrt die Gewährung von Versorgungsrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) als Teilversorgung.
Der Kläger ist deutscher Volkszugehöriger und diente als Soldat in der Deutschen Wehrmacht.
Am 12.03.1992 beantragte er unter Beifügung ärztlicher Berichte und Bescheinigungen die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Er machte geltend, er habe am 21.02.1944 bei P/Weißrussland eine Granatsplitterverletzung an den Beinen erlitten. In der sich anschließenden russischen Kriegsgefangenschaft, aus der er im März 1946 geflohen sei, sei er an einer Lungenentzündung bzw. -tuberkulose und an Skorbut erkrankt. Er habe infolge der Skorbuterkrankung alle Zähne verloren. Bei Arbeiten in einer Steinkohlengrube während der Kriegsgefangenschaft sei er durch eine Brechstange am Kopf verletzt worden. In den späteren Jahren seien andere Krankheiten wie Herzinfarkt und Depressionen hinzugetreten, so dass er bereits 1958 erwerbsunfähig geworden sei und deshalb nur eine kleine Rente beziehe.
Ermittlungen des Beklagten beim Bundesarchiv -- Zentralnachweisstelle -- Aachen, bei der Deutschen Dienststelle Berlin, beim Internationalen Suchdienst Arolsen und beim Krankenbuchlager Berlin erbrachten lediglich eine Auskunft über eine Vermisstenmeldung des Klägers am 21.02.1944 bei P/Weissrussland. Zeugen für die geltend gemachten Schädigungen konnte der Kläger nicht benennen.
Zur Klärung der Frage, ob bei dem Kläger schädigungsbedingte Gesundheitsstörungen vorliegen, erstatteten die Ärzte Dr. O, Dr. U und G, alle O/Polen, aufgrund ambulanter und röntgenologischer Untersuchungen sowie die Bezirksärztekommission Nr. 6 in O abschließend Gutachten.
Nach deren Auswertung durch seinen versorgungsärztlichen Dienst lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19.07.1994 die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Zur Begründung führte er aus, die als Schädigungsfolgen angesehenen Gesundheitsstörungen
"Narben am rechten Oberschenkel, Kopfschwartennarbe, Verkalkungen in der linken Lunge und im linken Zwerchfell nach Tuberkulose"
beeinträchtigten die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigendem Grade, d.h. um wenigstens 25 v.H.. Die weiteren geltend gemachten Gesundheitsstörungen "endogene Psychose, Herzinfarkt, Zahnlosigkeit und Nierenleiden" seien schicksalhaft und anlagebedingt.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger unter Beifügung der von ihm bereits zu den Akten gereichten ärztlichen Bescheinigungen aus, seine schwere Depression, die zur Berentung geführt habe, sei auf die Erlebnisse während des Krieges und der Gefangenschaft zurückzuführen. Er sei wegen dieser Erkrankung sechsmal stationär behandelt worden.
Der Widerspruch wurde nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme durch Widerspruchsbescheid vom 18.05.1995 zurückgewiesen. Es seien keine neuen Tatsachen oder Gesichtspunkte vorgetragen worden, die Anlass zu einer anderen Beurteilung hätten geben könnten.
Mit seiner am 22.08.1995 beim Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, auch die polnischen Ärzte hätten einen ursächlichen Zusammenhang der Depressionen mit dem Militärdienst und der Kriegsgefangenschaft bejaht. Während der Gefangenschaft sei er zweimal zum Schein zur Erschießung geführt und Zeuge der Erschießung eines Kriegsgefangenen geworden. Nach seiner Flucht aus der Gefangenschaft habe er sich in Polen zunächst verstecken müssen.
Auch die 1947 erstmalig festgestellte Tbc sowie die Skorbuterkrankung und die danach aufgetretenen Zwölffingerdarmgeschwüre, der Herzinfarkt und der Zahnverlust seien schädigungsbedingt.
Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens ärztliche Bescheinigungen und Berichte übersandt, die er zum Teil bereits im Verwaltungsverfahren zu den Akten gereicht hatte. In den weiteren Berichten wird über eine stationäre Behandlung wegen eines Herzleidens im Jahre 1994 und über eine stationäre Behandlung im September/Oktober 1999 wegen Atemwegserkrankung berichtet.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.07.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.05.1995 zu verurteilen, eine Versorgungsrente zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf Anfrage des SG hat die Sozialversicherungsanstalt Warschau mitgeteilt, Unterlagen aus den Jahren 1948 bis 1950 lägen nicht vor. Die Aufbewahrungspflicht betrage 10 Ja...