Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Gebietsarzt mit Zusatzbezeichnung
Orientierungssatz
Bei einem Gebietsarzt (hier Orthopäde) mit Zusatzbezeichnung (hier Psychotherapie) ist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Prüfmethode der statistischen Vergleichsprüfung, die Heranziehung der Vergleichsgruppe der Orthopäden und die Annahme eines offensichtlichen Mißverhältnisses bei Überschreitungen von mehr als 50% rechtmäßig.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung betreffend die Quartale I/1995 und II/1995.
Der als Orthopäde in W zugelassene Kläger führt sei Januar 1992 die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie". In den streitigen Quartalen behandelte er 740 bzw. 780 Patienten, während der Fachgruppendurchschnitt bei 1482 bzw. 1424 lag. Sein Gesamtfallwert lag um 75 % bzw. 66 % über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Sonderleistungen (ohne die Ziffern 860 und 865 EBM) lagen um 117 % bzw. 105 %, physikalisch-medizinische Leistungen um 167 % über dem Vergleichsgruppendurchschnitt.
Der Prüfungsausschuss kürzte durch Beschluss vom 28.06.1995 die Sonderleistungen (ohne die Ziffern 860 und 865 EBM) um 17 % und die physikalisch-medizinischen Leistungen um 30 % für das Quartal I/1995. Bezüglich des Quartals II/1995 kürzte der Prüfungsausschuss durch Beschluss vom 27.09.1995 die Sonderleistungen (ohne die Ziffern 860 und 865 EBM) um 12,5 % und die physikalisch-medizinischen Leistungen um 9 %.
In seinen Widersprüchen machte der Kläger geltend, neben der rein statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung sei eine intellektuelle Prüfung nach Vorlage aller vorgeschriebenen Unterlagen, nämlich Ursachen- Kosten-Statistik, Überweisungen, Krankenhauseinweisungen, Krankenhausverweildauer, Arbeitsunfähigkeitszeiten, Sprechstundenbedarf, Arzneimittel und Hilfsmittelverordnungen durchzuführen. Ferner stellte er im einzelnen 22 Anträge bzgl. Praxisbesonderheiten, kompensatorischer Einsparungen etc.
Der Prüfungsausschuss reduzierte mit Beschluss vom 16.04.1996 die Kürzung der physikalisch-medizinischen Leistungen im Quartal I/1995 von 30 auf 16 % und hob mit Beschluss vom 13.08.1996 die Kürzung der physikalisch-medizinischen Leistungen betreffend das Quartal II/1995 auf.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Beschluss vom 29.01.1997 zurück. Auf den Inhalt des ausführlichen Beschlusses wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen, weder die Mitglieder des Beklagten noch die Mitglieder des Prüfungsausschusses hätten die notwendige Sach- und Fachkunde gehabt, insbesondere fehle ihnen das Verständnis für die Notwendigkeit einer Integration der psychosomatischen Medizin in das orthopädische Fachgebiet. Dies führe dazu, dass die bei ihm bestehende Praxisbesonderheit "psychosomatische Medizin" nicht ausreichend berücksichtigt werde. Diese Praxisbesonderheit werde dadurch deutlich, dass seine Fallzahl bei etwa 50 % der Fachgruppe liege, er jedoch den Fachgruppendurchschnitt bei den psychosomatischen Gesprächsziffern 850/851 EBM bis zu 2.500 % überschreite. Seine Praxis zeichne sich dadurch aus, dass eine besonders hohe Anzahl von psychosomatisch/chronisch Kranken zu seinen Patienten gehöre, während ein Ausgleich durch sog. Bagatellfälle nicht (annähernd) vorkomme. Besonders bedenklich sei die Hinzuziehung eines psychosomatisch kenntnislosen Fachreferenten, mit dessen unzureichenden Ausführungen sich der Beklagte nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Im Ergebnis habe der Beklagte den entsprechenden Besonderheiten durch die Bildung einer eigenen statistischen Vergleichsgruppe Rechnung tragen müssen. Letztlich habe der Beklagte in früheren Fällen die Praxisbesonderheit "Psychosomatische Medizin" anerkannt; er sei deshalb nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung auch für die hier streitigen Quartale daran gebunden.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 29.01.1997 zu verurteilen, über seine Widersprüche unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen haben sich dem Antrag des Beklagten angeschlossen.
Mit Urteil vom 26.08.1999 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Beklagten Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, dem Kläger seien die Rechtsgrundsätze der Wirtschaftlichkeitsprüfung bereits aus mehreren erst- und zweitinstanzlichen Urteilen bekannt; so enthalte die Entscheidung des erkennenden Senates vom 17.07.1996 Ausführungen bzgl. der für den Kläger maßgeblichen Vergleichsgruppe, zu etwaigen Praxisbesonderheiten, zu kompensatorischen Einsparungen, zum Fehlen eines Rechtsanspruchs auf einen Prüfarzt mit psychosomatischer Qualifikation und zu Vertrauensschutzaspekten. Dem schließe si...