Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Fälligkeit einer Krankenhausabrechnung. formal ordnungsgemäße Abrechnung. Informationsobliegenheit. regelhaft ausreichende ambulante Behandlung. Angaben zu Begleiterkrankungen und sonstigen Gründen für ausnahmsweise stationäre Behandlungsbedürftigkeit. kein Rückschluss auf Erforderlichkeit stationärer Behandlung durch Hauptdiagnose oder OPS-Nummer möglich. Begründungserforderlichkeit
Orientierungssatz
1. Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung ist Grundvoraussetzung für die Fälligkeit eines entstandenen Anspruchs auf Vergütung von Krankenhausbehandlung eines Versicherten.
2. Eine solche formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB 5 sowie ggf. ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen (vgl BSG vom 21.04.2015 - B 1 KR 10/15 R = NZS 2015, 578).
3. Zur hiernach gebotenen Information gehört, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose benennt, die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen macht, die Anlass für die stationäre Versorgung des Versicherten hätten geben können.
4. Ohne solche Angaben darüber, warum ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich ist, fehlen Informationen über den "Grund der Aufnahme" und damit eine der zentralen Angaben, die eine Krankenkasse für die ordnungsgemäße Abrechnungsprüfung benötigt (vgl § 301 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5).
5. Lassen weder die übermittelte Hauptdiagnose noch die OPS-Nummer den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung stationär erfolgen musste, hat das Krankenhaus von sich aus schon zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der Krankenkasse die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.08.2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.746,86 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Krankenhausabrechnung fällig geworden ist, konkret, ob das Krankenhaus seine Informationsobliegenheiten erfüllt hat.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan NRW aufgenommenes Krankenhaus. In diesem nahm sie am 24.08.2020 auf Einweisung des niedergelassenen Arztes die bei der beklagten Krankenkasse versicherte U. (* 00.00.0000) zum Wechsel eines Herzschrittmachers stationär auf. Nach Durchführung des Eingriffs entließ das Krankenhaus die Versicherte am Folgetag, dem 25.08.2020, wieder.
Die Klägerin berechnete der Beklagten für die stationäre Behandlung unter Kodierung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 5-387.52 (Entfernung, Wechsel und Korrektur eines Herzschrittmachers und Defibrillators: Aggregatwechsel [ohne Änderung der Sonde], Schrittmacher, Zweikammersystem) sowie Nennung folgender Nebendiagnosen
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I44.2 |
Atrioventrikulärer Block 3. Grades |
T82.1 |
Mechanische Komplikation durch ein kardiales elektronisches Gerät |
Z71 |
Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke anderer Beratung oder ärztlicher Konsultation in Anspruch nehmen, anderenorts nicht klassifiziert |
Z95.0 |
Vorhandensein eines kardialen elektronischen Geräts |
I48.0 |
Vorhofflimmern, paroxysmal |
I11.00 |
Hyperintensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz: Ohne Angabe einer hypertensiven Krise |
I50.13 |
Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden bei leichterer Belastung |
E66.01 |
Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr: Adipositas Grad II (WHO) bei Patienten von 18 Jahren und älter |
insgesamt 2.746,86 EUR (Rechnung vom 02.09.2020; Diagnosis related group ≪DRG≫ F17B: Wechsel eines Herzschrittmachers, Einkammer- oder Zweikammersystem, Alter ≫ 15 Jahre).
Die Beklagte lehnte eine Übernahme der Rechnung ab und teilte der Klägerin hierzu (per Datenträgeraustausch ≪DTA≫ am 04.09.2020) mit, alle durchgeführten Prozeduren seien im Katalog nach § 115b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch(SGB V) aufgeführt. Umstände, die eine ambulante Behandlung verhinderten, seien für sie nicht erkennbar. Abschließend bat sie die Klägerin, die Abrechnung der Behandlung als vollstationär "nachvollziehbar" zu begründen.
Die Klägerin antwortete hierauf (am 29.09.2020, ebenfalls per DTA):
"[A]ufgrund des Alters von Herrn G.... [sic!] und der Komorbiditäten, postoperative Überwachung notwendig auch bei Gefahr der Nachblutung und der Schmerzen bis zum Zeitpunkt der Entlassung."
Die Beklagte wies die Rechnung erneut zurück (mit Schreiben vom 06.10.2020). Anhand der übermittelten Daten sei die stationäre Aufnahme nicht nachvollziehbar. Die übersandte Stellungnahme lasse keinen Bezug zum angefragten Einzelfall erkennen, da es sich um eine standardisierte Rückantwort handle. Es fehle daher an der Fälligkeit d...