Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. befristeter Zuschlag nach Arbeitslosengeldbezug. Voraussetzung der Hilfebedürftigkeit bzw des tatsächlichen Bezuges von Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Der befristete Zuschlag nach § 24 SGB 2 wird nur dann gewährt, wenn der Hilfebedürftige tatsächlich Arbeitslosengeld II bezieht. Eine Berücksichtigung des Zuschlags bei der Bedarfsermittlung ist nicht vorzunehmen.
2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Lesart des § 24 SGB 2 bestehen nicht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.12.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger trotz fehlender Hilfebedürftigkeit für Regelleistungen und Leistungen für Unterkunft und Heizung ein Anspruch auf einen befristeten Zuschlag zum Arbeitslosengeld II (ALG II) zusteht.
Der Kläger beantragte am 05.10.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er lebt mit Herrn K Q seit November 2001 in eingetragener Lebenspartnerschaft. Herr Q bezieht ausweislich einer Bescheinigung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW vom 28.09.2004 Arbeitsentgelt.
Mit Bescheid vom 17.12.2004 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung ab. Der Kläger sei nach den von ihm nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig. Die Beklagte berücksichtigte für den Kläger eine Regelleistung von 311,00 EUR, für Herrn Q von 346,79 EUR (davon 35,79 EUR Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung), ferner Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. zusammen 755,11 EUR; insgesamt errechnete sie einen Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1.412,90 EUR. Dem stellte sie ein anzurechnendes Gesamteinkommen von 1.671,44 EUR gegenüber (Differenzbetrag: 258,54 EUR). Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid vom 17.12.2004 Bezug genommen.
Der Kläger legte Widerspruch mit der Begründung ein, es beständen bundes- und landesverfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Regelleistung. Im Übrigen habe er vom 01.04.2003 bis 25.03.2004 Arbeitslosengeld und anschließend bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe bezogen; ihm stehe deshalb ein befristeter Zuschlag zur Abfederung des Übergangs zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Widerspruchsbegründung vom 09.02.2005 Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers teile sie nicht. Ein Anspruch auf einen befristeten Zuschlag zum ALG II setze nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II voraus, dass der Hilfebedürftige innerhalb von zwei Jahren nach Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für die Gewährung von ALG II erfülle sowie diese Leistung auch beziehe. Da der Kläger jedoch keinen Anspruch auf ALG II habe, könne er auch keinen Anspruch auf einen befristeten Zuschlag geltend machen.
Hiergegen hat der Kläger am 29.04.2005 Klage erhoben und sich gegen die Ansicht der Beklagten im Widerspruchsbescheid gewandt, ein Anspruch auf befristeten Zuschlag zum ALG II setze den Bezug von ALG II voraus. Denn diese Ansicht verfehle den Zweck der Regelung, für einen befristeten Zeitraum einen Teil der Einkommenseinbußen abzufedern, die beim Wechsel in das ALG II aufträten; der Wechsel des Leistungsanspruchs solle für eine gewisse Zeit weniger hart ausfallen, damit die Lebensführung einschließlich der Verbindlichkeiten dem verminderten Leistungsanspruch angepasst werden könne. Nach § 19 SGB II umfasse der Anspruch auf ALG II die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den befristeten Zuschlag. Der Anspruch auf ALG II könne durch den Zuschlag auch erst ausgelöst werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2005 zu verurteilen, dem Kläger ALG II ab dem 01.01.2005 in Höhe von monatlich 160,00 EUR zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Mit Urteil vom 08.12.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger wegen des Einkommens seines Lebenspartners nicht hilfebedürftig i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II sei. Zwar könne entgegen der Ansicht der Beklagten der Anspruch auf ALG II auch erst durch den Zuschlag nach § 24 SGB II ausgelöst werden. Denn das Anliegen des Gesetzgebers, demjenigen, der infolge eigener Beitragsleistungen Arbeitslosengeld erhalten habe, den Übergang in das ALG II zu erleichtern, werde bei dieser Auslegung am ehesten erreicht. Jedoch würde auch unter Einrechnung eines maximalen Zuschlags von 160,00 EUR monatlich (§ 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) der Bedarf durch das anrechenbare Einkommen gedeckt...