Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. fiktive Bemessung. fehlender Arbeitsentgeltanspruch. berufliche Ausbildung mit Ausbildungsgeldbezug. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei einem Arbeitslosen, der während der in einem Berufsbildungswerk absolvierten - nach § 25 Abs 1 S 2 SGB 3 versicherungspflichtigen - Ausbildung keine Ausbildungsvergütung, sondern Ausbildungsgeld nach § 105 Abs 1 Nr 2 SGB 3 bezogen hat, ist das Arbeitslosengeld gem § 132 SGB 3 idF vom 23.12.2003 fiktiv nach Qualifikationsgruppen zu bemessen.
2. Auch wenn Personen, die während der Ausbildung kein Entgelt bezogen haben, bei einem nachfolgenden Arbeitslosengeldbezug hierdurch in der Regel wesentlich besser gestellt sein werden als Auszubildende, die während ihrer Ausbildung eine Ausbildungsvergütung bezogen haben, liegt eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG nicht vor.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.09.2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 11.07.2005 und 22.03. 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2006 verurteilt, der Klägerin ab dem 25.06.2005 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 64,40 Euro zu zahlen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin ab dem 25.06.2005 zustehenden Arbeitslosengeldes.
Die Klägerin (ledig, Steuerklasse I) schloss am 24.06.2005 ihre am 13.08.2001 begonnene Ausbildung zur Orthopädiemechanikerin und Bandagistin im Berufsbildungswerk C mit dem Gesellenbrief erfolgreich ab. Während der Ausbildung erhielt sie ab dem 01.02.2003 Ausbildungsgeld i. H. v. monatlich 93,00 Euro nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie Kosten für Familienheimfahrten.
Die Klägerin meldete sich am 27.06.2005 mit Wirkung zum 25.06.2005 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 11.07.2005 bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosengeld entsprechend der damaligen Weisungslage nach einem Bemessungsentgelt i. H. v. 20% der monatlichen Bezugsgröße ab dem 25.06.2005. Der tägliche Leistungssatz betrug danach 7,50 Euro.
Hiergegen legte die Klägerin am 22.07.2005 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die von der Beklagten gewählte Bemessungsgrundlage entspreche nicht dem Verdienst eines Orthopädiemechanikers im ersten Jahr. Dieser sei aber richtiger Weise bei der Bemessung als maßgebliches Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.
Mit Bescheid vom 22.03.2006 änderte die Beklagte ihren ursprünglichen Bewilligungsbescheid ab und erhöhte den täglichen Leistungssatz unter Zugrundelegung eines Bemes-sungsentgelts von 17,07 Euro auf 8,18 Euro. Hierzu berief sie sich auf ihre geänderte Weisungslage. Danach sei bei Auszubildenden, die während der Ausbildung keinen Anspruch auf Ausbildungsvergütung hatten, das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, welches vergleichbare Auszubildende, die in Betrieben ausgebildet werden, als tarifliche Ausbildungsvergütung erhalten. Dieser Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens.
Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 24.04.2006 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Er sei nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 22.03.2006 unbegründet. Für die Bemessung des Arbeitslosengeldes sei das durchschnittliche beitragspflichtige Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Da die Klägerin während des Bemessungszeitraums kein Arbeitsentgelt erzielt habe, sei ihr Arbeitslosengeld gemäß der ab dem 20.07.2005 geänderten Weisungslage rückwirkend nach dem Einkommen, das vergleichbare betriebliche Auszubildende als tarifliche Ausbildungsvergütung erzielen, zu bemessen. Hingegen existiere keine Rechtsgrundlage, wonach die Vergütung eines Orthopädiemechanikers im ersten Gesellenjahr als Bemessungsgrundlage herangezogen werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.05.2006 Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.07.2005, geändert durch Bescheid vom 23.03.2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.05.2006 dahingehend abzuändern, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes das tatsächliche Bemessungsentgelt auf 64,40 Euro festgesetzt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Mit Urteil vom 27.09.2007 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.07.2005, geändert durch den Bescheid vom 23.03.2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.05.2006 verurteilt, bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein Bemessungsentgelt von täglich 64,40 Euro fes...