Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücküberweisung von Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten. im Soll befindliches Konto. Forderung des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf dessen Konto überwiesenen Rentenleistungen durch das Geldinstitut bei durchgehend im Soll befindlichen Konto und Gewährung eines Dispositionskredits.

2. Die Regelung des § 118 Abs 3 SGB 6 greift nicht verfassungswidrig in die durch Art 12 geschützte Berufsfreiheit bzw den Gleichheitssatz des Art 3 GG ein.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.06.2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten auch im Berufungsverfahren. Der Streitwert wird auf 637,02 EUR festgesetzt. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 637,02 EUR zu erstatten hat, der ihr nach dem Tod des Leistungsberechtigten I L (im Folgenden: Leistungsberechtigter) zugeflossen ist.

Der am 00.00.2006 verstorbene Leistungsberechtigte bezog von der Klägerin eine Versichertenrente in Höhe von zuletzt monatlich 889,56 EUR. In dieser Höhe wurde die Rente auch nach seinem Tod noch für den Monat November 2006 auf sein Konto, für das ein Dispositionskredit in Höhe von 2600,- EUR eingeräumt war, bei der Beklagten überwiesen.

Unmittelbar vor Eingang der Rente für November 2006 am 31.10.2006 befand sich das Konto unter Zugrundelegung der von der Beklagten vorgelegten Kontoauszüge - je nach chronologischer Reihenfolge der am 31.10.2006 erfolgten Buchungen - valutarisch mit 2154,95 EUR bzw. 1831,26 EUR im Soll. Ab dem 31.10.2006 wurden auf dem Girokonto folgende Buchungen vorgenommen:

31.10.2006 Gehalt/Rente 323,69 +

31.10.2006 Gehalt/Rente 889,56 +

01.11.2006 Lastschrift 49,00 -

01.11.2006 Lastschrift 99,00 -

02.11.2006 Lastschrift 10,00 -

02.11.2006 Lastschrift 10,00 -

02.11.2006 Lastschrift 12,50 -

02.11.2006 Lastschrift 51,80 -

03.11.2006 Lastschrift 59,00 -

03.11.2006 Gutschrift 4,49 +

03.11.2006 Gutschrift 7,32 +

06.11.2006 Lastschrift 288,72 -

08.11.2006 Lastschrift 81,00 -

09.11.2006 Lastschrift 25,90 -

10.11.2006 Lastschrift 10,00 -

10.11.2006 Lastschrift 15,34 -

Mit einem nach Angaben der Beklagten bei dieser am 13.11.2006 eingegangenen Schreiben forderte die Klägerin von der Beklagten den überzahlten Rentenbetrag für den Monat November 2006 in Höhe von 889,56 EUR zurück. Am 13.11.2006 befand sich das Konto des Leistungsberechtigten mit 1642,15 EUR im Soll. Die Beklagte erstattete der Klägerin daraufhin einen Betrag in Höhe von 177,30 EUR, lehnte aber eine darüber hinausgehende Rückzahlung unter Hinweis darauf ab, dass insoweit - d. h. in Höhe von 712,26 EUR - über den Rentenbetrag anderweitig verfügt worden sei. Sie versicherte, keine eigenen Forderungen mit dem Restbetrag verrechnet zu haben.

Nach einem weiteren, erfolglosen Rückforderungsersuchen hinsichtlich des Restbetrages in Höhe von 712,26 EUR hat die Klägerin am 19.02.2007 bei dem Sozialgericht Köln unter Bezugnahme auf § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Leistungsklage erhoben, mit der sie die Zahlung eines Betrages in Höhe von 637,02 EUR begehrt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass über die Rentenleistung im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI anderweitig verfügt worden sei. Da sich das Konto des Leistungsberechtigten nach Angaben der Beklagten bei Eingang der Rente mit 2154,95 EUR im Soll befunden habe, habe die Beklagte die Rentenleistung zum Ausgleich des Kontos und damit zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet.

Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß mit Urteil vom 11.06.2007 verurteilt, an die Klägerin 637,02 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte nach § 118 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB VI verpflichtet sei, den überzahlten Rentenbetrag in Höhe von 637,02 EUR zu erstatten, ohne sich auf den Einwand der Entreicherung berufen zu können. Da sich das Konto des Leistungsberechtigten bei Eingang der Rentenzahlung mindestens in dieser Höhe im Soll befunden habe, habe die Beklagte den überwiesenen Betrag zur Befriedigung eigener Forderungen aus dem der Leistungsberechtigten eingeräumten Überziehungskredit verwendet, so dass ein Verstoß gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S 4 SGB VI vorliege. Auf den Einwand anderweitiger Verfügungen im Sinne des S. 3 dieser Vorschrift könne sich die Beklagte daher nicht berufen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 02.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.07.2007 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG zu § 118 Abs. 3 SGB VI (insbesondere in dem Urteil vom 13.12.2005, B 4 RA 28/05 R) zu unbilligen Ergebnissen führe, denn s...

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