Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Geltendmachung eines Zinsanspruchs. Erfolglosigkeit des Widerspruchs. kein Verwaltungsakt. keine Regelung zum Zinsanspruch
Orientierungssatz
1. Ein Widerspruch, der sich nicht gegen einen Verwaltungsakt richtet, geht ins Leere und kann nicht erfolgreich iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB 10 sein.
2. Ein Bescheid über die Bewilligung einer Nachzahlung, der weder ausdrücklich noch sinngemäß eine Verzinsung des Nachzahlungsbetrages festlegt oder ablehnt, trifft keine Regelung zu einem Zinsanspruch und ist somit hinsichtlich eines Zinsanspruches auch nicht als Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB 10 anzusehen.
3. In dem Fehlen eines positiven Ausspruchs zum Zinsanspruch liegt keine Ablehnung des Zinsanspruchs (vgl BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 14/10 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 15).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.10.2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen den Beklagten Anspruch auf Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens hat.
Mit Bescheid vom 29.12.2009 lehnte der Beklagte einen von dem im Jahr 1966 geborenen Kläger bereits am 07.12.2007 gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 31.12.2007 ab. Auf Widerspruch des Klägers vom 12.01.2010 hob der Beklagte den Bescheid vom 29.12.2009 mit Abhilfebescheid vom 22.06.2010 auf.
Sodann bewilligte der Beklagte dem Kläger mit weiterem Leistungsbescheid vom 22.06.2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 31.12.2007. Der Bescheid enthält keine Ausführungen zu einem Zinsanspruch des Klägers.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 29.06.2010 Widerspruch und führte zur Begründung aus, die Leistung sei bereits zum 30.11.2007 fällig gewesen. Gemäß § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) seien Ansprüche auf Geldleistungen zu verzinsen. Der angefochtene Bewilligungsbescheid enthalte keinen Hinweis, dass eine Zinsberechnung separat erfolge und enthalte selbst auch keine Regelung zur Verzinsung der Nachzahlung, so dass er davon ausgehen müsse, dass die Berechnung seines Anspruches auf Zinsen rechtswidrig nicht erfolgt sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als unzulässig zurück und führte aus, der Bescheid vom 22.06.2010 begründe weder einen Anspruch auf Verzinsung noch lehne er einen solchen Anspruch ab. Vielmehr enthalte er insoweit keine Aussage. Eine Regelung zur Verzinsung liege damit nicht vor. Das bloße Schweigen enthalte weder eine zustimmende noch eine ablehnende, sondern keinerlei Willensbetätigung. Weiter stellte der Beklagte fest, dass der Nachzahlungsanspruch mit 34,04 Euro zu verzinsen sei und dass im Widerspruchsverfahren ggf. entstandene notwendige Aufwendungen nicht erstattet werden könnten.
Hiergegen hat der Kläger am 10.11.2010 bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben und ausgeführt, er sei durch den Bescheid vom 22.06.2010 durch die unterbliebene Gewährung von Zinsen in seinen Rechten beschwert gewesen und habe sich hiergegen erfolgreich mit dem Widerspruch gewandt. Der Beklagte habe den Anspruch auf Zinsen im Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 anerkannt und habe ihm daher die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 zu verurteilen, ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Kosten seien nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht zu erstatten, da der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.06.2010 nicht erfolgreich gewesen sei. Der Beklagte habe den Widerspruch zutreffend als unzulässig zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zinsanspruches sei der Bescheid vom 22.06.2010 nicht als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X anzusehen, gegen den zulässigerweise Widerspruch haben erhoben werden können. Der Bescheid treffe keine Regelung zu einem Zinsanspruch. Das diesbezügliche Schweigen habe keinen Erklärungswert. Der Bescheid enthalte auch keine konkludente Ablehnung eines solchen Zinsanspruches. Ein verständiger Beteiligter habe die unterbliebene Zinsentscheidung auch nicht als sinngemäße Ablehnung des Zinsanspruchs durch Verwaltungsakt interpretieren müssen. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 11.09.1980 (Az. 5 RJ 108/79) entschieden habe, dass die konkludente Ablehnung eines Zinsanspruches allenfalls dann anzunehmen sei, wenn gleichzeitig ein Verwaltungsakt über die Ansprüche auf Geldleistung er...