Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme durch den Rentenversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Der Rentenversicherungsträger kann bei Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen Leistungen zur Teilhabe in Form einer medizinischen Rehabilitation erbringen. Voraussetzung hierzu ist u. a., dass durch eine solche Leistung die Minderung der Erwerbsfähigkeit voraussichtlich abgewendet bzw. wesentlich gebessert oder deren wesentliche Verschlechterung verhindert werden kann.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

3. Die Wiedereingliederung eines bereits erwerbsgeminderten Versicherten ist dann ausgeschlossen, wenn dieser Anspruch nicht mehr zu verwirklichen ist. Das ist u. a. dann der Fall, wenn der Versicherte eine Rente wegen Alters von wenigstens zwei Dritteln der Vollrente bezieht oder beantragt hat. Es widerspräche dem Wiedereingliederungsgedanken des § 9 SGB 6, wenn eine Wiedereingliederung nicht mehr zu verwirklichen ist. Einer Rückkehr des Versicherten in das Erwerbsleben steht der Altersrentenbezug entgegen.

4. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist ausgeschlossen, wenn mit der Gewährung der begehrten Reha-Maßnahme dem Versicherungsträger eine rechtswidrige Amtshandlung abverlangt werden würde.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.09.2010; Aktenzeichen B 5 R 232/10 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.01.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in sämtlichen Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen zur Teilhabe in Form einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme wegen einer Darmerkrankung.

Der am 00.00.1943 geborene Kläger war von Juli 1974 bis April 2008 als Sachbearbeiter bei der H in L versicherungspflichtig beschäftigt. Anlässlich seines Antrags vom 22.02.2008 (Eingang bei der Beklagten unklar) bezieht er seit dem 01.05.2008 von der Beklagten Regelaltersrente in Höhe von wenigstens zwei Dritteln der Vollrente.

Am 06.04.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und machte geltend, sich wegen einer Entzündung im Dünndarm sowie Verdauungsproblemen besonders belastet zu fühlen. Zur Stützung seines Begehrens legte er Bescheinigungen des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. T und seines Hausarztes, des Allgemeinmediziners, Chirotherapeuten, Sportmediziners und Facharztes für Naturheilverfahren Dr. N, vom 08.03. bzw. 27.03.2006 vor, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Nach Auswertung dieser Berichte lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 12.04.2006 mit der Begründung ab, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation schon deshalb nicht zu gewähren seien, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei.

Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid am 24.04.2006 erhobenen Widerspruchs übersandte der Kläger einen weiteren Bericht seines Hausarztes, in dem dieser unter Beifügung diverser medizinischer Unterlagen unter dem 09.05.2006 u.a. ein linksseitiges abdominelles Schmerzsyndrom unklarer Genese, eine vegetative Dystonie sowie einen Tinnitus beschrieb. Ferner führte Dr. N aus, die durch das abdominelle Schmerzsyndrom hervorgerufenen Symptome mit u.a. einem Völlegefühl und Darmentleerungsstörungen würden von dem Kläger, der im Krankheitsverlauf zunehmend psychisch und somatisch erschöpft wirke, als äußerst unangenehm wahrgenommen. Auf Grund der geschilderten Reizdarmsymptomatik und der genannten Begleiterkrankungen erscheine eine rehabilitative Maßnahme daher nicht nur wünschenswert, sondern medizinisch dringlichst indiziert.

Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin durch den Neurologen und Psychiater Dr. C untersuchen und begutachten. Dieser konnte in seinem Gutachten vom 25.08.2006 keine sicheren psychiatrischen Diagnosen erheben und kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger aus nervenärztlicher Sicht weiterhin in der Lage sei, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit sechs Stunden und mehr pro Tag zu verrichten.

Durch Widerspruchsbescheid vom 21.11.2006 wurde der Widerspruch anschließend zurückgewiesen.

Mit seiner am 20.12.2006 bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren unter Vorlage eines weiteren Berichtes seines Hausarztes Dr. N vom 13.12.2006, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird, weiterverfolgt und im Wesentlichen geltend gemacht, das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten des Dr. C sei sinnlos gewesen; denn er leide nicht unter einer psychischen Erkrankung, sondern unter Beschwerden im Darmbereich, die eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erforderlich machten.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das Sozialgericht nach Eingang einer ent...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge