Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachgezahlte Beiträge aufgrund eines Schadensersatzanspruchs. Übergang von Beitragsansprüchen. Wirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten auch den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser gemäß § 119 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB 10 auf den Versicherungsträger über (gesetzlicher Forderungsübergang, vgl BSG vom 31.1.2002 - B 13 RJ 23/01 R = BSGE 89, 151 = SozR 3-1300 § 44 Nr 34 = Breith 2002, 836), wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeiträge nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten gemäß § 119 Abs 3 S 1 SGB 10 als Pflichtbeiträge.
2. Voraussetzung für die Gutschrift von Beiträgen auf dem Versicherungskonto des Verletzten ist nach dem Wortlaut des § 119 Abs 3 S 1 SGB 10, dass die regressierten Beiträge tatsächlich eingegangen sind. Erst der Eingang der Beiträge löst die Bewertung als Pflichtbeiträge aus.
3. Gemäß § 300 Abs 1 SGB 6 sind Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Daraus folgt, dass § 62 SGB 6 auch für Unfälle vor dem 1.1.1992 (und nach dem 30.6.1983 ≪In-Kraft-Treten des § 119 SGB 10 am 1.7.1983≫) gilt (vgl BGH vom 9.5.1995 - VI ZR 124/94 = BGHZ 129, 366). Mit dem In-Kraft-Treten des § 62 SGB 10 am 1.1.1992 ist die Rechtsprechung des BGH zur so genannten unfallfesten Position überholt. Für Zeiten davor stand diese Rechtsprechung jedoch einem Beitragsregress der Beklagten entgegen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU). Er meint für die Zeit vom 1.3.1989 bis zum 31.12.1990 müssten Beiträge nach § 119 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden.
Der Kläger erlitt am 14.2.1989 einen unverschuldeten PKW-Unfall. Wegen der Folgen dieses Unfalls bezog er zunächst bis zum 31.12.1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit und ab dem 1.1.1991 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer.
Am 14.2.1997 verunglückte der Kläger erneut. Er bezieht nunmehr seit dem 12.11.1997 wieder eine Rente wegen EU. Die zunächst zeitlich befristete Rente bewilligte wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 18.08.1998 auf Dauer bewilligt.
Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners des Unfalls aus dem Jahr 1989 - die Q Versicherung - leistete für den Zeitraum vom 1.10.1992 bis 1.11.1997 im Hinblick auf den Beitragsschaden Ausgleichszahlungen an die Beklagte.
Am 11.9.1998 wandte sich der Kläger gegen den Rentenbescheid vom 18.8.1998 und bemängelte, dass die Ausgleichszahlungen der Q Versicherung keine Berücksichtigung bei der Bemessung der Rentenhöhe gefunden hätten. Mit Bescheid vom 22.6.2001 änderte die Beklagten daraufhin ihren Bescheid vom 18.8.1998 ab. Es ergaben sich eine höhere Rente und eine Nachzahlung.
Am 20.7.2001 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein: Seines Erachtens hätte sich wegen der Ausgleichszahlung der Q ein größerer Nachzahlungsbetrag ergeben müssen. Es sei nicht zu erkennen, dass diese Ausgleichszahlung bei dem vorliegenden Versicherungsfall eingeflossen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 24.9.2002 zurück: Aufgrund des ersten Unfalls vom 14.2.1989 seien Beitragszeiten nach § 119 SGB X für die Zeit vom 1.10.1992 bis 11.11.1997 festgestellt und bis zum 28.2.1997 bei der Rentenberechnung bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach § 159 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung) - SGB VI - berücksichtigt worden.
Eine rechtliche Beschwer liege daher für diesen Zeitraum nicht vor. Auch für die außerhalb dieser Feststellung liegende Beitragszeit nach dem Unfall vom 1.3.1989 bis 29.9.1989 und vom 1.5.1990 bis 30.9.1992 seien Beitragszeiten allein aufgrund einer abhängigen Beschäftigung bereits bis zur Beitragsbemessungsgrenze versichert. Zu Recht seien die Beitragszeiten lediglich bis zum 28.2.1997 angerechnet worden, da nach § 75 SGB VI bei einer Rente wegen EU Entgeltpunkte für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt des Leistungsfalls nicht zu ermitteln seien. Für die Zeit vom 1.3.1997 bis 30.4.2008 sei eine Zurechnungszeit nach § 59 SGB VI korrekt angerechnet und mit Entgeltpunkten bewertet worden.
Mit seiner am 11.10.2002 zum Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm von der Beklagten ein höherer Rentenbetrag aufgrund von Beitragsansprüchen der Beklagten gegen die Q nach § 119 SGB X bis in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zustehe. Die Beklagte habe eine nicht unerhebliche Ausgleichszahlung erhalten, die die bei ihm infolge des schweren Unfalls eingetr...