Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Notwendigkeit der stationären Behandlung. vollständige Überprüfung auch bei Leistungspflicht für zurückliegenden Zeitraum. Bewertung der medizinischen Notwendigkeit obliegt gerichtlich bestellten Sachverständigen. Prüfung. MDK. Mitteilungspflicht
Orientierungssatz
1. Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung ist auch dann vollständig zu überprüfen, wenn die Leistungspflicht für einen zurückliegenden Zeitraum bestritten wird (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R = BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15)
2. Der behandelnde Arzt kann als (sachverständiger) Zeuge nur zu Tatsachen gehört werden, deren Wahrnehmung ihm aufgrund seiner Sachkunde möglich war. Dagegen obliegt die Bewertung, ob sich aus diesen Tatsachen die medizinische Notwendigkeit stationärer Behandlung herleiten lässt, allein dem gerichtlich bestellten Sachverständigen (vgl OLG Koblenz vom 9.7.2009 - 10 U 959/08 = NJW-RR 2010, 41).
3. Ist das Krankenhaus von der Prüfung durch den MDK und die Ablehnung der Kostenübernahme schon vor Behandlungsende und Rechnungsstellung unterrichtet worden, bedarf es weiterer Mitteilungen des MDK über die Fortsetzung der alten Prüfung nicht.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung im Jahr 2008.
Die Klägerin ist Trägerin der Klinik für Manuelle Therapie, I., einem Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), die sich als "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenksleiden" bezeichnet. Der am 00.00.1986 geborene D. F. (im Folgenden: Versicherter) lebt in Niedersachsen und ist Mitglied der Klägerin. Er leidet seit Geburt an einer infantilen Cerebralparese mit beinbetonter Tetraparese, die bei ihm zu Gangstörungen wechselnden Ausmaßes führt. Seit dem Jahr 2004 wurde der Versicherte wiederholt in die Klinik der Beklagten stationär aufgenommen und dort mit einer Kombination aus manualmedizinischer und osteopathischer Technik begleitet von Krankengymnastik und physikalischer Therapie behandelt. Die Behandlungskosten wurden von der Beklagten getragen, inzwischen jedoch teilweise nach Überprüfung im Zusammenhang mit der hier streitigen Behandlung wieder zurückgefordert.
Unter Vorlage einer Verordnung von Krankenhausbehandlung des Hausarztes des Versicherten vom 23.06.2008 wurde bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer erneuten stationären Behandlung im Krankenhaus der Klägerin beantragt. Die Beklagte schaltete dazu am 26.06.2008 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein und beauftragte ihn, die Notwendigkeit und/oder Dauer der Krankenhausbehandlung des Versicherten zu beurteilen. Am 30.06.2008 wurde der Versicherte stationär aufgenommen. Der MDK vertrat unter dem 02.07.2008 unter Berücksichtigung der Entlassungsberichte der Behandlungen der Jahre 2004 bis 2007 die Auffassung, eine Indikation für eine Krankenhausbehandlung bestehe nicht. Nach dem letzten Entlassungsbericht sei die Behandlung in der Klinik der Beklagten rehabilitativ ausgerichtet gewesen mit Akupunktur, Krankengymnastik, physikalischer Therapie, chiropraktischen Maßnahmen sowie weiteren physikalischen Maßnahmen. Unter dem 08.07.2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme der stationären Behandlung ab. Dem Krankenhaus teilte sie am 08.07.2008 mit: "Die Kosten der stationären Behandlung ab 30.06.2008 können von uns nicht übernommen werden. Nach dem Gutachten des MDKN ergibt sich keine Indikation für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Ambulante Physiotherapie sollte durchgeführt werden. Sollten Sie Fragen haben, rufen Sie mich an."
Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 15.07.2008 für die stationäre Behandlung des Versicherten vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 unter Zugrundelegung der DRG D85C 2791,26 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich diese Rechnung nicht. Die Klägerin legte daraufhin eine Stellungnahme des Oberarztes Dr. I1. vom 14.08.2008 vor, der hervorhob, dass eine Behandlungsdichte, wie sie jetzt erfolgt sei, bei einem berufstätigen behinderten Menschen ambulant nicht möglich sei. Die Beklagte holte dazu eine weitere Stellungnahme des MDK vom 05.09.2008 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass im Fall des Versicherten die Indikation für eine ambulante Physiotherapie, gegebenenfalls für eine neurologische Rehabilitationsbehandlung bestehe, nicht jedoch für eine akutstationäre Behandlung. Mit Schreiben vom 10.09.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach Überprüfung sei der MDK zu dem Ergebnis gekommen, die medizinischen Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung seien nicht erfüllt.
Am 13.10.2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Krankenhausbehandlung des V...