nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 09.09.2003; Aktenzeichen S 15 (9) RJ 185/99)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.03.2006; Aktenzeichen B 13 RJ 7/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.09.2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für den Berufungsrechtszug zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Neuberechnung ihres Altersruhegeldes unter Berücksichtigung einer weiteren Ersatzzeit von Oktober 1946 bis 31. Dezember 1949.

Die am 00.00.1929 in M/Polen geborene Klägerin ist Jüdin. Sie ist als Verfolgte im Sinne von § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) anerkannt und erhielt Entschädigungsleistungen für alle Schäden nach dem BEG durch Vergleich vom 09.06.1961.

Der nationalsozialistischen Verfolgung war die Klägerin von November 1939 bis zu ihrer Befreiung im Januar 1945 ausgesetzt: Sie wurde im Januar 1945 in M von der russischen Armee befreit. Sie ist die einzige Überlebende ihrer Familie. Nach ihrer Befreiung hielt sie sich zunächst bis zum Dezember 1945 weiterhin in M auf. Sodann begab sie sich mit ihrem Kibbuz, dem sie sich in M angeschlossen hatte, nach M1/Bayern. Von April 1946 an lebte sie in einem Lager für "Displaced Persons" (DP-Lager), von wo aus sie im Herbst 1946 ihre Ausreise nach Palästina antrat. Seit Januar 1948 lebt sie in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.

Am 31. Dezember 1990 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines Altersruhegeldes. Der Antrag wurde zunächst von der Beklagten mit Bescheid vom 19. September 1991 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt. Mit einem erneuten Antrag am 30. November 1991 machte die Klägerin geltend, von Sommer 1942 bis August 1944 als Arbeiterin in der Schneiderabteilung im Ghetto M gearbeitet zu haben. Unter dem 10. März 1992 beantwortete die Klägerin die Fragen im Antragsformular nach durch Verfolgungsmaßnahmen hervorgerufene Arbeitslosigkeit oder Auslandsaufenthalt mit "nein". Gleichzeitig gab sie an, von Januar bis Mai 1945 im Anschluss an die Haftzeit krank oder unverschuldet arbeitslos gewesen zu sein.

Mit Bescheid vom 09. Mai 1994 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Altersruhegeldes zunächst ab. Im Widerspruchsverfahren erkannte sie jedoch mit Bescheid vom 18. Juni 1998 glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten vom 25. Dezember 1943 bis zum 31. August 1944 und eine Ersatzzeit von September 1944 bis Januar 1945 an und gewährte Regelaltersrente ab 01. Januar 1995. Im Übrigen wies sie den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1998 zurück.

Im April 1999 beantragte die Klägerin die Neuberechnung ihres Altersruhegeldes unter Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten wegen verfolgungsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis 1946 und daran anschließend wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthaltes bis zum 31. Dezember 1949. Sie machte geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) bei dem Personenkreis, der sich im DP-Lager aufgehalten habe, nahezu immer auch ein verfolgungsbedingtes Verlassen Deutschlands anzunehmen sei.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung weiterer Ersatzzeiten ab, da hinsichtlich einer verfolgungsbedingten Arbeitsunfähigkeit keine Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorlägen und ein Ursachenzusammenhang zwischen der Ausreise der Klägerin und der nationalsozialistischen Verfolgung nicht zu erkennen sei. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, dass nach der Rechtsprechung des BSG davon auszugehen sei, dass das Verfolgungsschicksal Grund für das Verlassen Deutschlands sei. Es sei nur dann nicht von einem verfolgungsbedingten Auslandsaufenthalt auszugehen, wenn sich im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände erweise, dass das Verlassen des Verfolgungsgebietes allein wesentlich auf anderen Umständen als den nationalsozialistisch-geprägten politischen Verhältnissen und der durch sie bedingten besonderen Zwangslage beruhe. Hierfür sei aber die Beklagte beweispflichtig. Zur weiteren Glaubhaftmachung überreichte die Klägerin eine eidesstattliche Erklärung, in der sie vorbringt, sich habe sich im Anschluss an die Verfolgung in körperlich und seelisch sehr schlechtem Zustand befunden. Es sei ihre einzige Absicht gewesen, die Stätten ihrer Verfolgung zu verlassen und zu versuchen, in einer neuen Umgebung ihr weiteres Leben in den Griff zu bekommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02. November 1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie führte aus, ein verfolgungsbedingter Auslandsaufenthalt sei nicht glaubhaft.

Die Klägerin hat am 05. November 1999 bei dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Sie hat zuletzt die Neuberechnung ihrer Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthaltes von Oktober 1946 bis Dezember 1949 begehrt. Zur Begründung hat sie sich auf ihr Vorbringen im Wider...

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