Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über Zinsanspruch von Amts wegen. Erstattung von Vorverfahrenskosten
Orientierungssatz
1. Der Rentenversicherungsträger lehnt einen Anspruch auf Zinsen nicht schon dann konkludent ab, wenn er einen Rentenneufeststellungsbescheid erlässt, ohne darin gleichzeitig über Zinsen nach § 44 SGB 1 zu entscheiden (Entgegen BSG vom 11.9.1980 - 5 RJ 108/79).
2. Das bloße Schweigen - hier über die Verzinsung eines Rentennachzahlungsanspruchs - beinhaltet grundsätzlich weder eine zustimmende noch eine ablehnende, sondern keinerlei Willensbetätigung (vgl BSG vom 17.10.2006 - B 5 RJ 66/04 R, BSG vom 4.4.1963 - 8 RV 961/60 und BGH vom 5.5.1969 - II ZR 263/67 = BGHZ 52, 63).
3. § 63 Abs 1 S 1 SGB 10 findet nur Anwendung, wenn sich der Widerspruch, hier bei dem die Erstattung der Vorverfahrenskosten begehrt wird, gegen einen Verwaltungsakt richtet (vgl BSG vom 19.1.2005 - B 11a/11 AL 39/04 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 2, vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 = SozR 3-1300 § 63 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.06.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten eines (isolierten) Widerspruchsverfahrens.
Mit Bescheid vom 09.07.2008 berechnete die Beklagte die dem Kläger gewährte Regelaltersrente auf dessen Antrag neu. Der Bescheid weist für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.08.2008 eine Nachzahlung in Höhe von 3.820,37 Euro aus, die die Beklagte zunächst ein behielt. Zugleich kündigte sie an, die Nachzahlung abzurechnen, sobald der Kläger mitgeteilt habe, ob er in dem Nachzahlungszeitraum Leistungen anderer Sozialleistungsträger bezogen habe. Nachdem der Kläger dies verneint hatte, teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 21.08.2008 formlos mit, dass sie den Nachzahlungsbetrag nunmehr in voller Höhe an ihn auszahlen werde. Als "Betreff" war in dem Schreiben "Nachzahlung aufgrund der mit Bescheid vom 09.07.2008 gewährten Rente (...)" angegeben. Gegen dieses Schreiben legte der Kläger unter dem 11.09.2008 Widerspruch ein, mit dem er die unterbliebene Verzinsung des Nachzahlungsbetrags rügte. Durch Bescheid vom 24.09.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Zinsen in Höhe von 297,96 Euro, ohne auf den Widerspruch des Klägers Bezug zu nehmen. Eine Vorlage des Widerspruchs an den Widerspruchsausschuss der Beklagten zwecks Erlass eines Widerspruchsbescheides erfolgte nicht.
Den nachfolgend gestellten Antrag des Klägers, die ihm anlässlich seines Widerspruchs gegen das Schreiben vom 21.08.2008 entstandenen Kosten zu erstatten, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 09.12.2008 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.10.2006 (B 5 RJ 66/04 R) im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass sie dem Widerspruch des Klägers nicht stattgegeben habe und dieser daher nicht erfolgreich gewesen sei. Eine Stattgabe sei auch nicht darin zu sehen, dass sie den Nachzahlungsanspruch des Klägers aus dem Bescheid vom 09.07.2008 verzinst habe, weil der Widerspruch des Klägers unzulässig und daher nicht ursächlich für die Verzinsung gewesen sei; denn das Schreiben vom 21.08.2008, gegen das sich dessen Widerspruch richte, stelle keinen Verwaltungsakt dar. Es regele weder einen Anspruch auf Auszahlung entstandener Zinsen, noch lehne es eine Verzinsung von Nachzahlungsbeträgen ab.
Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid am 23.12.2008 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BSG vom 11.09.1980 (5 RJ 108/79) geltend, das Schreiben vom 21.08.2008 sei entgegen der Auffassung der Beklagten ein Verwaltungsakt. Die Beklagte habe darin eine ablehnende Entscheidung über seinen Zinsanspruch getroffen; denn sie sei von Amts wegen ohne besonderen Antrag des Klägers verpflichtet, über Zinsen zu entscheiden. Enthalte ein Bescheid, mit dem der Nachzahlungsanspruch eines Versicherten abgerechnet werde, dennoch keine Aussage über eine Verzinsung, so erwecke dies bei dem Empfänger den Eindruck, dass eine Verzinsung unterbleibe.
Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 15.01.2009 hat der Kläger am 05.02.2009 bei dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben und ergänzend auf Entscheidungen des BSG vom 11.09.1980 (5 RJ 108/79) sowie des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG München, Urteil vom 29.02.2000 - L 5 RJ 568/97 -) verwiesen, die seine Rechtsauffassung bestätigen würden. Die Ausführungen des BSG in dem von der Beklagten angeführten Urteil des BSG vom 17.10.2006 (B 5 RJ 66/04 R) seien hingegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil Gegenstand dieser Entscheidung eine unterbliebene Kostenregelung, nicht hingegen eine Zinsregelung gewesen sei.
Mit Urteil vom 26.06.2009 hat das Sozialgericht die...