nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Duisburg (Entscheidung vom 08.07.2003; Aktenzeichen S 14 AL 136/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 08. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die rückwirkende teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alg) aufgrund eines Lohnsteuerklassenwechsels sowie die entsprechende Erstattung von Leistungen in Höhe von 3.757,14 DM.
Der 1963 geborene und seit 1991 verheiratete Kläger war nach seiner Ausbildung zum Zahntechniker zunächst von Februar 1994 bis 1995 im erlernten Beruf tätig und arbeitete sodann nach einer 9-monatigen Arbeitslosigkeit vom 01.06.1996 - 30.09.1999 als technischer Angestellter bei der H W GmbH in L. Am 09.09.1999 meldete er sich arbeitslos und beantragte mit Wirkung vom 01.10.1999 Alg. Im Antragsformular bestätigte er am 28.09.1999 mit seiner Unterschrift, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe. Mit Bescheid vom 05.10.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 01.10.1999 unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse IV nach der Leistungsgruppe A in Höhe von zunächst 342,02 DM wöchentlich und ab 22.06.2000 bis 24.09.2000 in Höhe von 367,71 DM wöchentlich. Bei der Beantragung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) am 20.09.2000 teilte der Kläger mit, dass auf seiner Lohnsteuerkarte seit Jahresbeginn die Steuerklasse V eingetragen sei und legte die Lohnsteuerkarte 2000 mit der entsprechenden Eintragung vor.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.2000 die Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 24.09.2000 teilweise auf und forderte die Erstattung des Betrages in Höhe von 3.757,14 DM. Zur Begründung führte sie aus, dass dem Kläger aufgrund des Steuerklassenwechsels von IV nach V in der Zeit vom 01.01.2000 bis 21.06.2000 Alg nach der Leistungsgruppe D lediglich in Höhe von 247,31 DM und in der Zeit vom 22.06.2000 bis 24.09.2000 nur in Höhe von 263,34 DM wöchentlich zustehe. Der Kläger habe den Lohnsteuerklassenwechsel zum 01.01.2000 nicht rechtzeitig mitgeteilt.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 zurück. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, gem. § 137 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) seien die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen vom Tage des Wirksamwerdens zu berücksichtigen, wenn sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein geringeres Alg als das Alg ergebe, dass sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe. Dies sei vorliegend der Fall, weil dem Kläger aufgrund der Lohnsteuerklasse V und der entsprechenden Zuordnung zur Leistungsgruppe D nur noch ein wöchentliches Alg von 247,31 DM bzw. 263,34 DM statt ein solches von 342,02 DM bzw. 367,71 DM nach der Leistungsgruppe A zustehe. Die teilweise Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung des Alg gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 10. Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III sei gerechtfertigt gewesen, weil das Merkblatt, von dessen Inhalt der Kläger Kenntnis genommen habe, ausführliche Hinweise bzgl. der Bedeutung der Lohnsteuerklassen, eine Darstellung hinsichtlich der Zuordnung der Leistungsgruppen zu den Lohnsteuerklassen sowie Hinweise zu den Auswirkungen bei einem Lohnsteuerklassenwechsel enthalte und im Abschnitt "Mitwirkungspflichten" beispielhaft die Pflicht des Leistungsempfängers zur sofortigen Benachrichtigung des Arbeitsamtes aufführe, wenn sich - aus welchem Grund auch immer - seine Lohnsteuerklasse ändere Der Kläger habe jedoch seine geänderte Lohnssteuerkarte für das Kalenderjahr 2000 erst am 21.09.2000 vorgelegt.
Am 11.05.2001 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben und geltend gemacht, nicht fahrlässig gehandelt zu haben, weil die Ausführungen im Merkblatt 1 für Arbeitslose für ihn nicht verständlich und nachvollziehbar seien.
Die Beklagte hat an ihrer in den angefochtenen Bescheiden zum Ausdruck gebrachten Auffassung festgehalten und ergänzt, dass nach Ziffer 11, Bl. 63 des Merkblattes 1 für Arbeitslose (Stand April 1999) die Verpflichtung bestehe, die Beklagte zu benachrichtigen, wenn sich, aus welchem Grund auch immer, die Lohnsteuerklasse ändere.
Mit Urteil vom 08.07.2003 hat das SG der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 aufgehoben. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zwar für den hier streitigen Zeitraum aufgrund des vom Kläger vorgenommenen Steuerklassenwechsels eine wesentliche Änderung i. S. v. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten sei. Denn aufgrund der Regelung in § 137 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III seien bei einem Lohnsteuerklassenwechsel...