Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Zusammentreffen von mehreren beitragspflichtigen der Rente vergleichbaren Einnahmen mit Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze. Ermittlung der beitragspflichtigen Anteile der Versorgungsbezüge in analoger Anwendung des § 22 Abs 2 S 1 SGB 4. Beitragssatz. Analogie. Gesetzeslücke. Nachträgliche Antragstellung. Auslegung des Klageantrags
Orientierungssatz
Bei Bezug einer gesetzlichen Rente und mehreren beitragspflichtigen der Rente vergleichbaren Einnahmen, die gemeinsam die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, ist zur Ermittlung der beitragspflichtigen Anteile der Versorgungsbezüge eine Verhältnismäßigkeitsrechnung in analoger Anwendung des § 22 Abs 2 S 1 SGB 4 durchzuführen. Dazu sind die Einnahmen nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander zu vermindern, dass sie (hier zusammen mit der gesetzlichen Rente) höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen.
Normenkette
SGB IV § 22 Abs. 2 Sätze 1-2; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 11, § 223 Abs. 3, § 226 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2-3, §§ 229, 238, 241, 248, 256 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 3 S. 1; SGB X § 41 Abs. 1 Nr. 1; KVLG § 3 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.06.2010 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der beitragspflichtigen Versorgungsbezüge.
Der am 00.00.1944 geborene Kläger ist seit 01.01.2004 Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner. Er bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 1.362,42 EUR (Stand 2009) monatlich und seit dem 01.10.2008 zusätzlich eine Betriebsrente der Versorgungskasse F i.H.v. 3.172,89 EUR.
Mit Schreiben vom 01.12.2008 informierte die Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) Nordrhein-Westfalen die Beklagte über die Bewilligung einer Regelaltersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (kurz: GAL-Rente) ab 01.01.2009 i.H.v. weiteren 341,87 EUR. Die Beklagte berechnete daraufhin die jeweiligen beitragspflichtigen Anteile der Betriebs- und GAL-Rente und informierte die Versorgungskasse F, die LAK Nordrhein-Westfalen und den Kläger mit Schreiben vom 09.02.2009 über den folgenden Berechnungsmodus unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) i.H.v. 3.675,00 EUR:
BBG = 3.675,00 EUR
Rente = - 1.362,42 EUR
= 2.312.58 EUR
2.312,58 EUR x 3.172,89 EUR: 3.514,76 EUR
= 2.087,64 EUR
2.312,58 EUR x 341,87 EUR: 3.514,76 EUR
= 224,94 EUR
2.087,64 EUR + 224,94 EUR
= 2.312,58 EUR
Auf Antrag des Klägers mit Schreiben vom 07.03.2009 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.2009 den beitragspflichtigen Anteil der Versorgungsbezüge des Klägers auf insgesamt 2.312,58 EUR unter Verweis auf die o.a. Berechnung fest und führte zur Begründung ergänzend aus, nach dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 09.09. und 10.09.2003 und dem Gemeinsamen Rundschreiben der Krankenkassen vom 30.12.2008, welche sie dem Bescheid auszugsweise beifügte, sei bei Bezug eines Versorgungsbezuges aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung neben einem anderen Versorgungsbezug eine Verhältnisrechnung durchzuführen.
Mit seinem Widerspruch wandte der Kläger ein, die verhältnismäßige Heranziehung unterschiedlicher Versorgungsbezüge zum Krankenversicherungsbeitrag sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Der Versorgungsbezug der Versorgungskasse F, für den der volle Beitragssatz gelte, sei dem Versorgungsbezug aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung mit einem nur hälftigen Beitragssatz nachrangig. Die Privilegierung der Bezieher von Renten aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung sei vom Gesetzgeber bei Erlass der Beitragsregelung in § 248 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ausdrücklich gewollt gewesen. Sie sollten beitragsmäßig so behandelt werden wie die Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies dürfe durch die Verhältnisrechnung der Beklagten nicht unterlaufen werden. Dem gesetzgeberischen Willen könne nur dadurch Rechnung getragen werden, dass die Einkünfte aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung in voller Höhe (mit dem halben allgemeinen Beitragssatz) und die weiteren Versorgungsbezüge bis zur BBG zur Beitragsberechnung (mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz) herangezogen würden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2009 als unbegründet zurück und berief sich erneut zur Begründung auf das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 09.09. und 10.09.2003 und das gemeinsames Rundschreiben der Krankenkassen vom 30.12.2008.
Die sich auf der Grundlage des Bescheides der Beklagten zu berechnenden Beiträge wurden durch die Zahlstellen der Betriebsrente und der GAL-Rente einbehalten und an die Beklagte abgeführt.
Im Klageverfahren hat sich der Kläger weiterhin gegen die Berech...