Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspflicht des Sozialhilfeträgers für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Hilfebedürftigen
Orientierungssatz
1. Wer Leistungen der Grundsicherung nach § 41 SGB 12 beanspruchen kann, ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung.
2. Bei Nichtbestehen eines Krankenversicherungsschutzes über eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 besteht Anspruch auf Krankenhilfe bei Vollendung des 65. Lebensjahres für den Hilfebedürftigen. Wegen der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens ist ein fernmündlicher Antrag des Betroffenen ebenso wirksam wie die Heranziehung eines Dritten als Hilfsperson.
3. Für den Empfang laufender Leistungen i. S. des § 5 Abs. 8 a S. 2 SGB 5 kommt es nicht darauf an, ob und wann diese tatsächlich erbracht oder bezogen worden sind, sondern ab wann sie beansprucht werden können.
4. Mit dem Ausschluss der Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 durch § 8 Abs. 8 a S. 2 SGB 5 geht das Gesetz abstrakt vom Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall aus, wenn Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB 12 beansprucht werden können.
5. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 soll die vom Risiko der Krankheit betroffenen Personen schützen, nicht aber Sozialhilfeträger, die sich über eine willkürliche Feststellung eines anderen als vom Gesetz vorgesehenen Anspruchsbeginns entlasten wollen.
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.11.2009 abgeändert. Die gegen die Beigeladene mit dem Hilfsantrag gerichtete Klage wird abgewiesen. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 16.04.2008, 22.04.2008 und 26.05.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 verurteilt, der Klägerin für die stationären Krankenhausbehandlungen des Patienten T vom 30.09.2007 bis 02.10.2007, vom 21.10.2007 bis 22.10.2007, vom 07.11.2007 bis 21.11.2007 und vom 23.11.2007 bis 24.11.2007 eine Vergütung von 5.577,60 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.577,60 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, wer die Kosten mehrerer stationärer Krankenhausbehandlungen des Herrn T (T) zu tragen hat.
Der ledige T wurde am 00.00.1940 bei M geboren und verstarb am 00.03.2008. Nach seinen Angaben gegenüber seinem im Oktober 2007 bestellten Betreuer (Amtsgericht B - 000) hatte er keine Berufsausbildung und schlug sich auf Baustellen als Hilfsarbeiter durch. Vor der Wiedervereinigung lebte er in der (damaligen) DDR. Er hielt sich zunächst in den neuen Bundesländern ohne Erwerbstätigkeit und ohne festen Wohnsitz auf, sodann zuletzt in B. Er war vom 06.01. bis 03.04.1958 bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert. Weitere danach liegende Zelten der Mitgliedschaft im Rahmen einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind nicht bekannt.
Am 10.03.2005 sprach T bei der Beklagten vor. Er erklärte, derzeit im Klinikum in der Raucherstube zu schlafen, im Café Q habe er Hausverbot. Er bat um finanzielle Hilfe. Anspruch auf Lohnersatzleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) hatte T nicht. Da zunächst noch unklar war, ob er dem Personenkreis des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II - Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII - Sozialhilfe) zuzuordnen war, nahm die Beklagte auch einen Antrag auf Arbeitslosengeld (Alg) II auf.
Die Beklagte leistete ab 10.03.2005 zunächst Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
Am 24.03.2005 stellte der Amtsarzt beim Gesundheitsamt der Stadt B fest, dass T dauerhaft erwerbsunfähig sei. Daraufhin wurde er ab 10.03.2005 dem Personenkreis des SGB XII zugeordnet und erhielt Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Für die Durchführung der Krankenbehandlung gem. § 264 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wählte er die AOK Rheinland/Hamburg. Leistungen nach dem SGB II bezog er zu keinem Zeitpunkt; er wurde deshalb auch nicht als Pflichtmitglied zur Krankenversicherung gemeldet. Die letzte Zahlung von Sozialhilfe durch die Beklagte im Jahre 2005 erhielt T am 08.11.2005.
In der Zeit vom 13.11.2005 bis 08.08.2007 war T inhaftiert. Während der Haftzeit hatte er Anspruch auf Krankenbehandlung gem. § 58 Strafvollzugsgesetz (StVollzG).
Vom 25.09.2007 bis zu seinem Tod am 00.03.2008 erhielt T von der Beklagten erneut laufende Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. In dieser Zeit wurde er wiederholt in verschiedenen Krankenhäusern behandelt, u.a. im Universitätsklinikum der Klägerin als Notfall
a) vom 30.09. bis 02.10.2007,
b) vom 20.10. bis 22.10.2007,
c) vom 07.11. bis 21.11.2007 sowie
d) vom 23.11. bis 24.11.2007.
Die hierfür entstandenen Kosten beziffert die Klägerin auf 5.577,60 Euro gegenüber der Beklag...