Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Hilfsmittel und Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens
Orientierungssatz
1. Die Leistungspflicht der Krankenkasse ist auf die Versorgung mit Hilfsmitteln beschränkt. Diese erstreckt sich nicht auf Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Aufgabe der Krankenversicherung ist allein, die medizinische Rehabilitation sicherzustellen.
2. Wesentlich für die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind Zweck und Funktion sowie die tatsächliche Verbreitung und Nutzung. Was regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt auch bei hohen Kosten nicht unter die Leistungspflicht der Krankenversicherung.
3. Ist ein Gegenstand trotz geringer Verbreitung von der Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht, so ist er nicht als Hilfsmittel einzustufen.
4. Ein Power-Plate-Vibrationsgerät kommt vorwiegend in Fitness-Centern zum Einsatz und dient nicht überwiegend zur Behandlung von Krankheiten und Behinderungen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 31.10.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Kostenübernahme für ein Power-Plate-Vibrationsgerät in Anspruch.
Die 1959 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin, die nach eigenen Angaben an vielfältigen schweren Überempfindlichkeiten in Form eines sog. Multiple-Chemical-Sensitivity-Syndroms (MCS) i.V.m. einem chronischen Müdigkeitssyndrom als Folge einer - so ihre Angaben - chronischen Vergiftung durch Amalgam-Inhaltsstoffe, Pentachlorphenol (PCP) und Formaldehyd leidet, beantragte am 22.10.2007 unter Vorlage einer privatärztlichen Verordnung bei der Beklagten die Kostenübernahme für ein Power-Plate-Vibrationsgerät (voraussichtliche Kosten lt. Kostenvoranschlag: 5.342,99 Euro). Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab. Sie führte im Wesentlichen aus, dass das beantragte Gerät im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht als Hilfsmittel zugelassen sei; ein Austausch gegen den bereits vorhandenen Theravital-Bewegungstrainer sei nicht möglich (Bescheid vom 22.10.2007). Den hiergegen erhobenen und mit einem Attest des Nervenarztes Dr. B. aus T. begründeten Widerspruch wies die Beklagte nach Beiziehung von Unterlagen der Firma Power-Plate zurück. Sie vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem Power-Plate-Vibrationsgerät um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele, für den eine Leistungsverpflichtung der GKV nicht bestehe (Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008).
Im Klageverfahren hat die Klägerin an ihrem Begehren festgehalten und vorgetragen, dass sie aufgrund der bei ihr vorliegenden Erkrankungen nicht in der Lage sei, ein aktives Training durchzuführen. Als Folge ihrer Erkrankungen sei es u.a. bereits zu einem starken Rückgang der Muskulatur gekommen. Es handele sich bei dem Gerät nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens; vielmehr werde es zu medizinischen Zwecken verwendet und bereits von einer Ersatzkasse bezahlt.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12.03.2008 aufzuheben und die Beklagte zur Kostenübernahme eines Vibrationsgerätes Power-Plate zu verurteilen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides gestützt.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 31.10.2008 abgewiesen. Das begehrte Power-Plate-Vibrationsgerät stelle einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, für den eine Leistungspflicht der GKV nicht erkennbar sei.
Mit der hiergegen am 07.11.2008 eingelegten Berufung hält die Klägerin an ihrem Begehren fest.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 31.10.2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 zu verurteilen, die Kosten für ein Power-Plate-Vibrationsgerät zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, nachdem diese mit ordnungsgemäßer Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. §§ 110 Abs. 1, 126 SGG) ...
Der Senat sah sich an einer Sachentscheidung nicht dadurch gehindert, dass die Klägerin "alle Richter des SG Köln/LSG NRW wegen Besorgnis der Befangenheit" abgelehnt und als neuen Gerichtsstand das LSG Celle beantragt hat. Denn das von der Klägerin formulierte Ablehnungsgesuch ist bereits deshalb unzulässig, weil sie die abgelehnten Richter weder individualisiert noch Befangenheitsgründe vorgetragen hat, die sich auf jeden einzelnen abgelehnten Richter beziehe...