Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Abschläge für eine vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente für langjährig Versicherte
Orientierungssatz
1. § 236b Abs. 1 SGB 6 bestimmt, dass Versicherte, die vor dem 1. 1. 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben.
2. Eine Altersrente für langjährig Versicherte kann vorzeitig in Anspruch genommen werden; dies ist mit Abschlägen verbunden.
3. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach § 36 S. 2 SGB 6 grundsätzlich erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.
4. Sie ist dergestalt abschlagbehaftet, dass der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage persönlicher Entgeltpunkte einer Rente waren, für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme um 0,003 niedriger ist als 1,0.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.04.2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Abschläge für eine vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente für langjährig Versicherte.
Der am 00.00.1953 geborene Kläger war vom 1.9.1969 bis zum 31.5.2015 weitgehend versicherungspflichtig beschäftigt, wobei der Zeitraum Oktober 1972 bis Dezember 1973 ausschließlich durch eine Pflichtbeitragszeit bei Wehrdienst / Zivildienst belegt wurde; der Zeitraum vom 1.9.1969 bis 29.2.1972 erfasste Pflichtbeitragszeiten bei beruflicher Ausbildung. Vom 1.6.2008 bis zum 31.5.2015 war der Kläger in - mit Pflichtbeitragszeiten belegter - Altersteilzeitarbeit tätig. Dem lag eine Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber (Altersteilzeitvertrag vom 15.12.2002 in der Fassung des Änderungsvertrags vom 12.7.2007) zugrunde, welche letztlich eine Altersteilzeitregelung ab dem 1.6.2008 mit einer Arbeitsphase vom 1.6.2008 bis zum 30.11.2011 und einer Freistellungsphase vom 1.12.2011 bis zum 31.5.2015 vorsah.
Mit Rentenauskunft vom 10.3.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Regelaltersgrenze am 27.5.2018 erreiche.
Durch Art. 1 Nr. 8 des Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.6.2014 (BGBl. I, 787) wurde § 236 b SGB VI mit Wirkung zum 1.7.2014 eingeführt, demzufolge Versicherte, die vor dem 1.1.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf eine - abschlagfrei ausgestaltete - Altersrente für besonderes langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben.
Am 9.3.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten "Altersrente für langjährig Versicherte" ab dem 1.6.2015. Der Antragsvordruck sah auch die Leistung "Altersrente für besonders langjährig Versicherte" vor, die der Kläger nicht wählte. Im Fragebogen (R240) zur Prüfung von Vertrauensschutzregelungen gab er an, vor dem 1.1.2007 eine Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit als Arbeitnehmer getroffen zu haben, die am 1.1.2007 noch bestanden habe - unter Vorlage der vorstehend aufgeführten arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.
Die Beklagte prüfte die Wartezeiten von 60 Kalendermonaten, 35 Jahren und 45 Jahren und bejahte diese allesamt. Sie prüfte zudem das Eingreifen von Vertrauensschutzregelungen: Für die Regelaltersrente komme dem Kläger Vertrauensschutz zugute, da er vor dem 1.1.1955 geboren und vor dem 1.1.2007 mit dem Arbeitgeber Altersteilzeitarbeit im Sinne des Altersteilzeitgesetzes vereinbart habe, sodass für ihn die ursprüngliche Regelaltersgrenze von 65 Lebensjahren weitergelte; frühester Rentenbeginn sei insofern der 1.6.2018. Auch für die Altersrente für langjährig Versicherte stehe dem Kläger aus denselben Gründen Vertrauensschutz zu, so dass für ihn die ursprüngliche Altersgrenze von 65 Lebensjahren ebenso weitergelte wie die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme dieser dann abschlagbehafteten Altersrente mit 62 Lebensjahren (frühester Rentenbeginn mit Abschlag: 1.6.2015 (36 Monate, 10,8% Abschlag); frühester Rentenbeginn ohne Abschlag: 1.6.2018). Was die Altersrente für besonders langjährig Versicherte anlange, so sei frühester Rentenbeginn am 1.8.2016.
Mit Bescheid vom 17.04.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1.6.2015 in Höhe eines Betrages von 1.879,65 EUR brutto monatlich, der folgende Abschläge enthielt: Für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme dieser Altersrente verminderte die Beklagte den Zugangsfaktor um 0,003, vorliegend um 36 x 0,003, d.h. um 0,108 auf insgesamt 0,892.
Im Widerspruchsverfahren (Widerspruchseingang am 11.5.2015) wandte sich der Kläger gegen die Höhe der vorgenommenen Rentenabschläge. Er machte geltend, dass er nach der aktuellen gesetzlichen Regelung des § 236 b SGB VI abschlagfrei zum 1.8.2016 (mit 63 Jahren und 2 Monaten) in Rente hätte gehen können, da er die Voraussetzungen für eine solche Rente für besonders langjährig Versicherte zu diesem Z...