Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhängung von Verschuldenskosten bei mutwilliger Rechtsverfolgung des Klägers

 

Orientierungssatz

1. Eine nach § 55 SGG erhobene Feststellungsklage ist bei gleichzeitig rechtshängiger Anfechtungsklage über einen identischen Streitgegenstand unzulässig.

2. Hat das Berufungsgericht den Kläger auf die mögliche Verhängung von Mutwillenskosten hingewiesen und nimmt dieser die unzulässige Feststellungsklage nicht zurück, so kann das Gericht nach § 192 SGG die Verhängung von Mutwillenskosten anordnen. Bei geringem Einkommen des Klägers beträgt die Mindesthöhe 225.- €. .

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.11.2020; Aktenzeichen B 9 SB 3/20 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 23.03.2020 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Mutwillenskosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der im Jahr 1983 geborene Kläger begehrt Feststellung, dass der Gerichtsbescheid vom 11.04.2019 nicht richtig umgesetzt wurde.

Der Kläger leidet unter psychiatrischen Gesundheitsbeeinträchtigungen. Auf seinen am 21.07.2015 bei dem I Amt für Versorgung und Soziales G eingegangenen Antrag stellte dieses mit Bescheid vom 11.11.2015 einen GdB von 30 fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30.11.2015 Widerspruch ein, dem das Amt für Versorgung und Soziales G mit Änderungsbescheid vom 02.03.2016 teilweise abhalf und einen GdB von 40 feststellte. Mit weiterem Schreiben vom 05.03.2016 teilte der Kläger dem Amt für Versorgung und Soziales G mit, dass auch ein GdB von 40 zu niedrig bemessen sei. Mit weiterem Abhilfebescheid vom 15.04.2016 stellte das Amt für Versorgung und Soziales G einen GdB von 50 fest. Auf die hiergegen erhobene Klage verurteilte das Gericht den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 11.04.2019 unter Abänderung des Bescheids vom 11.11.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.03.2016 und vom 15.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2016 bei dem Kläger ab dem 21.07.2015 einen GdB von insgesamt 60 festzustellen. Im Übrigen wies das Gericht die Klage ab (S 3 SB 733/16).

Mit Bescheid vom 29.04.2019 stellte der Beklagte in Ausführung des Gerichtsbescheids vom 11.04.2019 ab dem 21.07.2019 einen GdB von 60 fest. Entsprechend dem Ausführungsbescheid stellte der Beklagte dem Kläger am 29.04.2019 einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 60 ab dem 21.07.2015 aus.

Der Kläger hat am 28.06.2019 Klage erhoben.

Er ist der Ansicht, der Gerichtsbescheid vom 11.04.2019 sei nicht richtig umgesetzt worden. Er mache Amtshaftungsansprüche sowie ein Rehabilitationsinteresse geltend.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

  festzustellen, dass der GdB von 60 seit dem 13.07.2015 besteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, er habe den Ausführungsbescheid vom 29.04.2019 entsprechend dem Gerichtsbescheid vom 11.04.2019 erlassen.

Auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte wird in vollem Umfang Bezug genommen.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.03.2020 als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt:

"Die Klage, über die das Gericht mit Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

Das Gericht hat das Vorbringen des Klägers dahingehend ausgelegt, dass er die Feststellung eines GdB von 60 seit dem 13.07.2015 begehrt. Die so verstandene Feststellungsklage ist unzulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht die Subsidiarität der Anfechtungsklage, welche als Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 11.04.2019 unter dem Aktenzeichen L 13 SB 167/19 rechtshängig ist, entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG."

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren aufrecht hält.

Der Senat hat den Kläger auf die mögliche Verhängung von Mutwillenskosten hingewiesen und den Rechtstreit auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Es ist kein Grund für eine rechtliche oder tatsächliche Falschbehandlung der Sache in erster Instanz ersichtlich.

Der Senat nimmt Bezug auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und § 192 SGG. Die Rechtsverfolgung durch den Kläger ist mutwillig. Es war die Mindesthöhe gem. § 184 SGG zu verhängen, weil der Kläger nur geringes Einkommen hat.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14456321

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