Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Sperrzeit. Maßnahmeabbruch. wichtiger Grund

 

Orientierungssatz

Werden aufgrund der Durchführung einer Bildungsmaßnahme gesundheitliche Schäden oder Beeinträchtigungen vom Teilnehmer befürchtet, so ist dieser nicht berechtigt, von sich aus die Maßnahme abzubrechen. Vielmehr muß er die Entscheidung hierüber dem Arbeitsamt überlassen und ihm zeitnahe Feststellungen hierzu ermöglichen oder sich bezüglich seiner Arbeitsfähigkeit einer Untersuchung durch seinen behandelnden Arzt unterziehen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit.

Der 1953 geborene Kläger, der gelernter Autolackierer ist, ist seit 1983 arbeitslos. Zuletzt bezog er von der Beklagten Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Gegen ihn wurden bereits zweimal Sperrzeiten nach § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) verhängt, wobei die Dauer der Sperrzeit jeweils in anschließenden Gerichtsverfahren reduziert wurde (Verfahren vor dem Sozialgericht - SG - Duisburg, S 11 (8) Ar 90/92 sowie vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW -, L 12 Ar 272/95). Den Sperrzeiten lag die Weigerung des Klägers zugrunde, einem von der Beklagten vermittelten Stellenangebot nachzukommen bzw. an einer Teilnahme zur Verbesserung seiner Vermittlungsaussichten teilzunehmen. Der Kläger leidet ausweislich der Feststellungen eines im Verfahren S 11 (8) Ar 90/92 (SG Duisburg) eingeholten Gutachtens von Dr. Kunze, Chefarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie des St. B-Hospitals in D, im wesentlichen an einem Zustand nach mehreren operativen Eingriffen infolge verschiedener Unfälle, insbesondere im Bereich der Nasenscheidewand. Desweiteren besteht ein Verdacht auf eine allergische Exposition gegenüber bestimmten Pollen. Der Beklagten liegt desweiteren ein im Rahmen eines Rehabilitations - Verfahrens eingeholtes medizinisches Gutachten von 1983 vor, welches von einer allergischen Diathese des Klägers gegenüber Rauch ausgeht und daher empfiehlt, daß dieser keine Tätigkeiten durchführen solle, welche das Anlegen von Schutzmasken erforderten und welche mit Einwirkungen von Staub, Gasen und Dämpfen verbunden seien.

Mit Bescheiden vom 14.07.1993, 09.08.1993, 11.11.1993 sowie 13.06.1995 verhängte die Beklagte gegen den Kläger eine Sperrzeit gemäß § 119 AFG für die Dauer von 8 Wochen und den Zeitraum vom 06.07. bis 30.08.1993 wegen dessen Weigerung, an einer Maßnahme zur Verbesserung seiner Vermittlungsaussichten in einer Übungswerkstatt beim Zollverein in Essen teilzunehmen. Diese Sperrzeit war Gegenstand des Verfahrens L 12 Ar 272/95 (LSG NRW), welches mit einem Vergleich der Beteiligten vom 25.09.1996 dahingehend endete, daß die Beklagte die streitige Sperrzeit um die Hälfte verkürzte.

Am 03.05.1995 trat der Kläger eine weitere berufliche Bildungsmaßnahme in Form einer Feststellungsmaßnahme beim Berufsförderungszentrum in Essen (Trainingsbereich Metall) an, welche ihm zuvor von der Beklagten angeboten worden war. Zugleich war er dahingehend belehrt worden, daß sein Anspruch auf Alhi beim erneuten Eintritt einer Sperrzeit von mindestens 8 Wochen erlöschen werde und daß eine Sperrzeit dann zu verhängen sei, wenn er ohne wichtigen Grund an der angebotenen Bildungsmaßnahme nicht teilnehmen oder die Teilnahme an der Maßnahme abbrechen oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlaß für den Ausschluß aus dieser Maßnahme geben werde. Das Gebäude, in dem die Maßnahme durchgeführt wurde, umfaßte außer der Schlosserei, in der der Kläger eingesetzt wurde, noch eine Lackiererei und einen Schreinerei-Ausbildungsbetrieb. Der Kläger brach die Maßnahme am 09.05.1995 ab und ließ durch seine jetzigen Klägerbevollmächtigten dem Berufsförderungs-Zentrum mit einem Schreiben vom gleichen Tag mitteilen, daß er die Maßnahme nicht weiterführen könne. Von der Lackiererei und dem Schreinerei-Ausbildungsbetrieb gingen Sägespäne, Staub und Dämpfe aus. Dies bewirke, daß er unter starken Kopfschmerzen leide. Desweiteren befinde sich unmittelbar vor dem Haus, in dem die Maßnahme stattfinde, eine Baumschule und ein Gartenbetrieb, von denen aus ständig mit Pollenflug zu rechnen sei. Er sehe sich daher aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage, die Maßnahme weiterhin durchzuführen. Der Kläger suchte zunächst weder einen Arzt noch eine Dienststelle der Beklagten auf.

Am 15.05.1995 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung der Alhi.

Die Beklagte ließ den Kläger am 02.06.1995 ärztlich untersuchen, wobei eine "Kopfschmerzneigung bei Lösemittelunverträglichkeit (angegeben); leichtgradige Heuschnupfenbeschwerden bei Allergie auf Hasel, Buche und Eichenpollen; Zustand nach mehreren operativen Eingriffen im Nasenbereich mit subjektiver Unverträglichkeit von Schutzmasken" festgestellt wurden. Daraufhin lehnte sie mit Bescheid vom 30.06.1995 den Alhi-Antrag des Klägers mit der Begründung ab, der Leistungsanspruch sei nach § 119 Abs. 3 AFG erloschen, weil dieser ohne wichtigen Grund die Maßnahme der beruflichen Fortbil...

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