Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. keine Überprüfung des rechtmäßigen Bezugs von Arbeitslosengeld bei ehemaligen Beziehern von Arbeitslosengeld II durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
"Zu Unrecht bezogen" iS des § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Halbs 2 SGB 5 hat ein Versicherter Alg II nur dann, wenn die Bewilligung zurückgenommen oder aufgehoben worden ist. Der förmlichen Beseitigung der Leistungsbewilligung steht die Entstehung eines Erstattungsanspruchs gemäß § 44a Abs 2 SGB 2 gleich.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.11.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zum 01.03.2006 freiwilliges Mitglied der Beklagten geworden ist.
Bei dem 1954 geborenen Kläger liegt ein allgemeiner körperlicher Verfall bei langjähriger Suchterkrankung vom Morphintyp mit Ersatzprogramm und Beikonsum vor. Er bezog ab dem 01.01.2005 Arbeitslosengeld (Alg) II nach § 19 Satz 1 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), das ihm von dem zu 2) beigeladenen Integrationscenter bewilligt wurde, nachdem er in seinem Antrag vom 24.08.2004 bejaht hatte, drei Stunden täglich arbeiten zu können. Eine von dem Beigeladenen zu 2) veranlasste ärztliche Feststellung der Leistungsfähigkeit konnte zunächst nicht erfolgen, da der Kläger zu der am 06.06.2005 beabsichtigten ärztlichen Untersuchung nicht erschien. Nach einer Untersuchung am 26.10.2005 kam der Gutachter Dr. H zu dem Ergebnis, aufgrund des allgemeinen körperlichen Verfalls sei der Kläger nicht in der Lage, regelmäßig und gewinnbringend im Bereich des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein. Er sei außer Stande, eine leichte Tätigkeit 15 Stunden und mehr zu verrichten. Wann das Gutachten erstellt wurde und wann es bei dem Beigeladenen zu 2) einging, lässt sich den Verwaltungsunterlagen nicht entnehmen. Nach einem Vermerk vom 05.12.2005 wurde der Kläger an diesem Tag aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet; zugleich wurde das Gutachten an den Leistungsbereich weitergeleitet. Am 08.02.2006 leitete der Beigeladene zu 2) das Gutachten der Beigeladenen zu 1) als örtlichem Sozialhilfeträger unter Hinweis auf die fehlende Erwerbsfähigkeit des Klägers zu. Diese bewilligte dem Kläger Leistungen nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab dem 01.03.2006. Mit Bescheid vom 17.02.2006 hob der Beigeladene zu 2) die Alg II-Bewilligung mit Wirkung vom 01.03.2006 auf. Einen Erstattungsanspruch wegen der Leistungsbewilligung in der Vergangenheit hat er bei der Beigeladenen zu 1) nicht angemeldet.
Der Kläger beantragte am 20.02.2006 bei der Beklagten die freiwillige Versicherung ab dem 01.03.2006 unter Hinweis auf die vom 01.01.2005 bis 28.02.2006 bestehende Mitgliedschaft.
Nachdem der Beigeladene zu 2) der Beklagten mit Schreiben vom 22.03.2006 mitgeteilt hatte, dass der Kläger seit dem 01.03.2006 Leistungen nach dem SGB XII erhalte, da er laut ärztlichem Gutachten vom 26.10.2005 nicht erwerbsfähig sei, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.04.2006 die Durchführung der freiwilligen Versicherung ab. Die Vorversicherungszeit sei nicht erfüllt, denn Versicherungszeiten, in denen eine Versicherung aufgrund unrechtmäßig bezogenen Alg II bestanden habe, seien nicht zu berücksichtigen. Der Kläger macht mit seinem Widerspruch geltend, der Leistungsbezug sei rechtmäßig gewesen. Während des Leistungsbezugs sei er pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gewesen, so dass er die erforderliche Vorversicherungszeit für die Begründung einer freiwilligen Versicherung erfüllt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund des ärztlichen Gutachtens stehe fest, dass spätestens seit dem 26.10.2005 mangels Erwerbsfähigkeit Alg II zu Unrecht gewährt worden sei. Wegen der Ablehnung der freiwilligen Versicherung hat die Beigeladene zu 1) Leistungen nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erbracht und deswegen einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet.
Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Vortrag wiederholt, er habe die Vorversicherungszeit für die freiwillige Versicherung erfüllt, da er aufgrund des Bezugs von Alg II vom 01.01.2005 bis 28.02.2006 pflichtversichert gewesen sei. Der Leistungsbezug sei rechtmäßig gewesen, eine Rückforderung der Leistung sei nicht erfolgt.
Mit Urteil vom 30.11.2006 hat das Sozialgericht unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass eine freiwillige Versicherung zustande gekommen sei. Die erforderliche Vorversicherungszeit sei aufgrund des Leistungsbezugs gegeben. Die Krankenkassen hätten in diesem Zusammenhang kein eigenes Beurteilungsrecht hinsichtlich des rechtmäßigen Bezugs von Alg II.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, da...