Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Berufung
Orientierungssatz
1. Eine wirksame Vertretung des Prozessbeteiligten in einem Gerichtstermin setzt das Bestehen einer wirksamen Vollmacht voraus. Die Vollmacht muss eindeutig erkennen lassen, wer und in welchem Umfang bevollmächtigt wird.
2. Ist eine erteilte Vollmacht nach ihrem Wortlaut allein auf die Vertretung in einem Termin "zwecks Beweisaufnahme" beschränkt, so gilt sie nicht für einen Termin zur mündlichen Verhandlung. Eine erweiternde Auslegung der Vollmacht kommt nicht in Betracht.
3. Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Berufung ist stets das Vorliegen einer Beschwer, d. h. eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Rechtsmittelinstanz. Hat das Sozialgericht einer erhobenen Untätigkeitsklage in vollem Umfang stattgegeben, so ist der Berufungskläger durch den ergangenen Gerichtsbescheid bzw. das ergangene Urteil nicht beschwert, mit der Folge, dass die eingelegte Berufung mangels eines bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist.
4. Ist eine Berufung unzulässig, so kann sie nicht durch eine Klageänderung zulässig gemacht werden.
5. Eine Feststellungsklage setzt zu ihrer Zulässigkeit voraus, dass der Kläger an der baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ein berechtigtes Interesse hat. Daran fehlt es, wenn das Klageziel im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erreicht werden kann. Diesen gegenüber ist die Feststellungsklage subsidiär.
6. Ein separates Feststellungsinteresse dahingehend, dass die Einhaltung der einschlägigen Verfahrensvorschriften durch das Gericht ausdrücklich festgestellt wird, besteht nicht.
7. Anders als im Zivilprozess, für den der Beibringungsgrundsatz maßgeblich ist, gilt für das sozialgerichtliche Verfahren der Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht erforscht danach den Sachverhalt, ohne an das Vorbringen und an Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein. Ist eine beantragte Beweiserhebung rechtlich nicht erforderlich, so ist der Rechtsstreit entscheidungsreif.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 31.05.2011 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 01.04.2011 wird soweit sie die Untätigkeitsklage betrifft als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. Die Klagen werden abgewiesen.
Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die am 00.00.1973 geborene Klägerin ist litauische Staatsangehörige und mit Herrn L L verheiratet, von dem sie nach eigenen Angaben seit Mai 2003 getrennt lebt. Sie ist Inhaberin einer Bescheinigung gemäß § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizüG/EU).
Am 01.08.2006 stellte die Klägerin erstmalig einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Im Rahmen des Antragsverfahrens gab sie an, Eigentümerin eines Hauses in X 00, F zu sein.
Mit Bescheid vom 17.11.2006 lehnte der Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden einheitlich: der Beklagte) die beantragten Leistungen mangels Nachweises der Hilfebedürftigkeit ab. Die Klägerin habe nicht glaubhaft dargelegt, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite und in der Vergangenheit bestritten habe. Auch habe sie angeforderte Nachweise in diesem Zusammenhang nicht vorgelegt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 30.11.2006, eingegangen bei dem Beklagten am 05.12.2006, Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 10.05.2007 hob der Beklagten den Bescheid vom 17.11.2006 nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) auf und versagte die Gewährung von Leistungen ab dem 01.08.2006 wegen fehlender Mitwirkung bei der Angabe von Einkommens- und Vermögensverhältnissen nach §§ 60, 66 i.V.m. § 30 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I). Zur Begründung gab er an, die Klägerin habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen notwendige Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen, insbesondere zu den von ihr erzielten Einkünften als Reinigungskraft, nicht gemacht sowie Unterlagen (Nachweise über die bisherigen Bemühungen zur Veräußerung des Hauses im X 00, eine Erklärung über Finanzierung monatlicher Raten zum Erwerb des Hauses sowie eine Auflistung über Zeitpunkt und Höhe der Zuwendungen ihres Bekannten, Herrn S G) nicht vorgelegt. Falls sie die Mitwirkung noch nachhole und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, werde der Beklagte prüfen, ob Leistungen ganz oder teilweise nachgezahlt werden könnten. Der Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens.
Mit Schreiben vom 31.05.2007 teilte die Klägerin mit, sie könne den Bescheid vom 10.05.2007 in dieser Form nicht akzeptieren. Sie forderte den Beklagten auf dar...