Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit. im Voraus befristetes Beschäftigungsverhältnis. Arbeitsvertrag für das Filmgeschäft mit Verlängerungsklausel. Vertragsverlängerung. nachträgliche Überschreitung
Leitsatz (amtlich)
Eine kurze Beschäftigung iSv § 142 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB III idF vom 10.12.2014 liegt auch dann vor, wenn ein auf nicht mehr als zehn Wochen befristeter Vertrag - für das Filmgeschäft gerade notwendige - Verlängerungsklauseln enthält und von diesen Gebrauch gemacht wird.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.11.2017 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2015 verurteilt, ihr ab dem 02.12.2014 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld bzw. die Erfüllung der Anwartschaftszeit.
Die Klägerin arbeitet u.a. als Kostümbild-Assistentin und Ankleiderin/Garderobiere für verschiedene Filmgesellschaften. Sie meldete sich bei der Beklagten am 28.11.2014 mit Wirkung zum 02.12.2014 arbeitslos. In den letzten zwei Jahren vor diesem Tag war sie an insgesamt 190 Kalendertagen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, und zwar in folgenden Zeiträumen:
- 05.06.2013 bis 16.07.2013 (42 Kalendertage)
- 29.07.2013 bis 30.07.2013 (2 Kalendertage)
- 16.09.2013 bis 29.11.2013 (75 Kalendertage bzw. 10 Wochen und 5 Tage)
- 22.09.2014 bis 01.12.2014 (71 Kalendertage bzw. 10 Wochen und 1 Tag).
Der Beschäftigung ab dem 16.09.2013 lag ein Anstellungsvertrag der Klägerin mit der Firma C - im Folgenden: C - zu Grunde, wonach die Vertragslaufzeit die Zeit vom 16.09.2013 bis zum "voraussichtlich" 19.11.2013 umfassen sollte und der Produzent berechtigt war, sowohl den Beginn der Vertragszeit als auch die Drehzeit durch schriftliche Mitteilung aufzuschieben sowie die Vertragsdauer aus produktionsbetrieblichen Gründen zu verlängern. Der Beschäftigung ab dem 22.09.2014 lag ein Anstellungsvertrag der Klägerin mit der A GmbH - im Folgenden: A - zu Grunde, wonach das Beschäftigungsverhältnis am 22.09.2014 beginnen und spätestens am 19.11.2014 enden sollte. Einer stillschweigenden Verlängerung der Vertragslaufzeit wurde im Vertrag ausdrücklich widersprochen. Es war jedoch vereinbart, dass diese Vertragslaufzeit sich durch Zeitkontenregelungen über die vorgesehene Vertragslaufzeit hinaus verlängern konnte.
Durch Bescheid vom 10.12.2014 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Die Klägerin habe in der Rahmenfrist vom 02.12.2012 bis zum 01.12.2014 lediglich 190 Kalendertage mit versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen nachgewiesen und damit die Anwartschaftszeit von mindestens zwölf Monaten (360 Kalendertage) nicht erfüllt. § 142 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) finde keine Anwendung, weil sie nicht überwiegend versicherungspflichtige Beschäftigungen nachgewiesen habe, die auf nicht mehr als zehn Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet gewesen seien. Den dagegen ohne weitere Begründung eingelegten Widerspruch vom 23.12.2014 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 11.02.2015 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 13.03.2015 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben.
Sie erfülle die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 SGB III. Sie habe in der Rahmenfrist die Mindestbeschäftigungszeit von sechs Monaten erreicht, denn sie habe an insgesamt 190 Tagen versicherungspflichtig gearbeitet. Diese Beschäftigungstage seien auch überwiegend auf versicherungspflichtige Beschäftigungen zurückzuführen, die auf nicht mehr als zehn Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet gewesen seien. Hierzu zählten auch die Beschäftigungen für die C und die A.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2015 zu verurteilen, ihr ab dem 02.12.2014 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und im Wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Der Arbeitsvertrag mit der C enthalte lediglich ein unbestimmtes voraussichtliches Enddatum und derjenige mit der A habe unter dem Vorbehalt der Verlängerung der Vertragslaufzeit gestanden. Von daher könne von einer im Voraus hinreichend zeitlich bestimmten Beschäftigungszeit nicht mehr gesprochen werden, insbesondere dann nicht, wenn sich - wie hier - die Überschreitung der Frist von zehn Wochen auch tatsächlich realisiert habe. Von daher könne dahingestellt bleiben, ob unabhängig von den vertraglichen Gestaltungen alleine die Überschreitung des Zeitraumes von zehn Wochen dazu führe, dass eine kurzzeitige Beschäftigung im Sinne des § 142 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB III nicht m...