Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen. Bezug von Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus durch den Versicherten. Zuständigkeit. Träger der Rentenversicherung. Bundesagentur für Arbeit. Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 S 1 SGB 9

 

Orientierungssatz

1. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs des zweitangegangenen Rentenversicherungsträgers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auf Erstattung der Kosten der Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben (hier: Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)) für einen Versicherten der Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus bezieht und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB 6 erfüllt.

2. Der Umstand, dass ein Versicherter der die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB 6 erfüllt, Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus erhält und deshalb nach § 12 Abs 1 Nr 4a SGB 6 von Leistungen zur Teilhabe ausgeschlossen ist, führt nicht zum Wegfall der Zuständigkeit des Trägers der Rentenversicherung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

3. Das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus ist eine Leistungen die regelmäßig bis zum Beginn der Altersrente gezahlt wird und damit eine Leistung im Sinne von § 12 Abs 1 Nr 4a SGB 6.

4. § 42 SGB 9 ist lediglich als deklaratorische Vorschrift anzusehen, die die Zuständigkeitsregelungen des gegliederten Systems zusammenfasst und nicht verändert.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.03.2013; Aktenzeichen B 11 AL 2/12 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.07.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 66643,93 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an den Versicherten N.

Der am 00.00.1948 geborene Versicherte war von 1966 bis zum 31.01.2003 als Rangierer/Stellwerkwärter im Bergbau beschäftigt. Im Anschluss daran bezog er seit dem 01.02.2003 Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Am 11.06.2003 stellte der Versicherte bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diesen Antrag leitete die Beklagte mit Schreiben vom 12.06.2003 an die Klägerin weiter. Nach den von ihr getroffenen Feststellungen sei die Zuständigkeit der Klägerin gegeben. Die Klägerin bewilligte dem Versicherten Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben und nahm ihn zum 17.11.2003 im Eingangsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen auf. Sie bewilligte ihm im Anschluss daran Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen vom 15.12.2003 bis zum 14.12.2005 und gewährte ihm ab dem 17.11.2003 Übergangsgeld für die Dauer der Maßnahmen. Das Übergangsgeld wurde auf das Anpassungsgeld des Versicherten angerechnet. Insgesamt entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 2492,25 Euro für das Eingangsverfahren und in Höhe von 64151,68 Euro für die Leistungen im Berufsbildungsbereich. Zum 15.12.2005 wechselte der Versicherte in den Arbeitsbereich der Werkstatt. Kostenträger der Maßnahme ist seitdem der Landschaftsverband Westfalen-Lippe.

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 66.643,93 Euro geltend, den diese als unbegründet ablehnte. Die Klägerin hat daraufhin am 04.06.2007 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, beim Versicherten sei nach sozialmedizinischer Prüfung ein Rehabilitationsbedarf für Leistungen in einer Behindertenwerkstatt festgestellt worden. Da die Beklagte den Antrag des Versicherten an sie weitergeleitet habe, sei die Klägerin nach § 14 Abs 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) dazu verpflichtet gewesen, die Leistung ohne Prüfung der eigenen Zuständigkeit festzustellen. Weil der Versicherte Anpassungsgeld bezogen habe, seien Rehabilitationsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung aber gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ausgeschlossen. Zuständiger Rehabilitationsträger sei gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die Beklagte. Diese sei daher nach § 14 Abs. 4 SGB IX zur Erstattung der entstandenen Aufwendungen verpflichtet. § 42 Abs. 1 SGB IX bestimme insoweit ausdrücklich, dass die Träger der Rentenversicherung "unter den Voraussetzungen des § 11 bis 13 SGB VI" sachlich zuständig seien. Diese Voraussetzungen seien hier gerade nicht erfüllt, weil der Versicherte Anpassungsgeld und damit eine Leistung im Sinne von § 12 Abs 1 Nr. 4a SGB VI bezogen habe. Als zweitangegangener Rehabilitationsträger sei sie jedoch dazu verpflichtet gewesen, über den weiter geleiteten Reha-Antrag nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 Satz 3 SGB IX zu entscheiden. Da...

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