Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung des Gesamt-GdB im Schwerbehindertenrecht. Umfang der Ermittlungen des Sozialgerichts
Orientierungssatz
1. Aus einem GdB von 30 für eine psychische Erkrankung und jeweils einem GdB von 20 für eine Lungenfunktionsbeeinträchtigung, eine Psoriasis-Arthritis und ein Wirbelsäulenleiden ist im Schwerbehindertenrecht nach § 69 Abs. 3 SGB 9 ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
2. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, einem mängelbehafteten Gutachten nach § 109 SGG durch weitere Ermittlungen von Amts wegen nachzugehen. Zu prüfen ist insoweit lediglich, ob der nach § 109 SGG beauftragte Sachverständige die Beweisfragen des Gerichts beantwortet hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 05.05.2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB) sowie über das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (G).
Bei dem 1971 geborenen Kläger wurde zuletzt mit Bescheid vom 08.07.2004 in Ausführung eines Urteils des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 18.06.2004 (S 2 SB 168/02) ein GdB von 40 festgestellt.
Im April 2013 beantragte der Kläger die Feststellung eines höheren GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G. Die Beklagte nahm unter Auswertung der vom Kläger vorgelegten medizinischer Unterlagen sowie von ihr eingeholter Befundberichte der behandelnden Ärzte und eines Gutachtens des Orthopäden Dr. N vom 24.03.2014 an, dass Einzel-GdB Werte von jeweils 20 für eine seelische Behinderung, eine Lungenfunktionsbeeinträchtigung sowie ein Wirbelsäulenleiden und Einzel-GdB von jeweils 10 für eine Darmstörung mit Speiseröhrenentzündung bei Reflux und eine Hauterkrankung vorliegen und dass der Gesamt-GdB weiter 40 betrage. Sie lehnte daher mit Bescheid vom 16.04.2014 den Änderungsantrag des Klägers ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 08.09.2014 zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die am 12.09.2014 zum SG Köln erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger weitere medizinische Unterlagen vorgelegt und ausgeführt hat, seine Leiden seien insgesamt nicht angemessen berücksichtigt.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung dreier medizinischer Sachverständigengutachten von Amts wegen sowie eines weiteren Gutachtens auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der von Amts wegen gehörte Hauptsachverständige, der Facharzt für Innere Medizin, Psychotherapie und Rheumatologie Dr. L hat im Gutachten vom 16.11.2015 unter Auswertung der Zusatzgutachten auf neurologisch/psychiatrischem Gebiet von Dr. H und orthopädischem Gebiet von Dr. N einen Gesamt-GdB von 40 für angemessen erachtet. Der Kläger leide insbesondere an einer neurotischen Fehlentwicklung, die nach den Feststellungen von Dr. H mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Desweiteren lägen eine Lungenfunktionsbeeinträchtigung bei Bronchialasthma und allergischer Diathese, eine blande Psoriasis-Arthritis und ein wiederkehrendes Hals- und Brustwirbelsäulensyndrom (HWS/BWS) mit degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule (LWS) vor, die jeweils mit Einzel-GdB von 20 zu bewerten seien. Schließlich bestünden noch funktionelle abdominelle Beschwerden mit Refluxerkrankung und Oberbauchbeschwerden sowie eine Hauterkrankung (Psoriasis), die jeweils mit Einzel-Werten von 10 zu bewerten seien.
Der Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie sowie Arzt für Naturheilverfahren PD Dr. J hat demgegenüber in seinem Gutachten vom 27.06.2016 angenommen, bei zusammenfassender Beurteilung seien die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Haltungs- und Bewegungsorgane sowie der rheumatischen Krankheiten mit einem Einzel-GdB von 40 führend. Im Hinblick auf weiter Funktionsbeeinträchtigungen von Seiten der Lunge, des Abdomens, der Psoriasis, der Psyche sowie einer arteriellen Hypertonie und eines Diabetes mellitus könne ein GdB von 10 hinzugefügt werden, um den Behinderungen insgesamt gerecht zu werden. Die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G lägen nicht vor, da der Kläger noch ohne erhebliche Schwierigkeiten Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermöge, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Zwischenzeitlich hat der Kläger unter dem 12.09.2016 sowie dem 28.10.2016 erneut bei der Beklagten die Feststellung eines höheren GdB beantragt.
Mit Urteil vom 05.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen:
Der Gesamt-GdB sei nach § 69 Abs 3 des 9. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) mit 40 nicht zu niedrig bewertet. Dies ergebe sich aus den im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten. Wie sich den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H entnehmen lasse, leide der Kläger zunächst an einer neurotischen Fehlentwicklung mit einer gestörten Verarbeitun...