Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. kein Freibetrag für hilfebedürftiges minderjähriges Kind bei fehlendem eigenen Vermögen. keine verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
1. Der Grundfreibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 1a SGB 2 aF ist nur in den Fällen abzusetzen, in denen das Vermögen dem Kind eindeutig zugeordnet werden kann. Hat das Kind kein Vermögen, verfällt der Grundfreibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 1a SGB 2.
2. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 12 Abs 2 Nr 1a SGB 2 ist nicht durch Art 3 und Art 6 GG geboten.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.11.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) zustehen.
Der am 00.00.1963 geborene Kläger zu 1) sowie die am 00.00.1968 geborene Klägerin zu 2) sind die Eltern des mit ihnen gemeinsam in einem Haushalt lebenden, am 00.00.2004 geborenen Klägers zu 3). Der Kläger zu 1) war von Juni 2004, nachdem er zuvor Arbeitslosengeld I nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bezogen hatte, bei der Messe E beschäftigt. Arbeitslosengeld I bezog er nachfolgend nicht. Der Kläger zu 3) erhält Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR monatlich. Außerdem erhielt die Klägerin zu 2) bis zum Ende ihres Erziehungsurlaubes im Januar 2006 Erziehungsgeld. Weiteres Einkommen ist - außer geringen Kapitalerträgen - nicht vorhanden.
Die Kläger bewohnen eine 73 m² große Dreizimmerwohnung, für die sie im streitigen Zeitraum eine Gesamtmiete von monatlich 544,00 EUR aufwenden mussten.
Am 06.07.2005 beantragte der Kläger zu 1) erstmals Leistungen nach dem SGB II. Bei Antragstellung lag nach den Angaben der Kläger bei der Klägerin zu 2) folgendes Vermögen vor:
ein PKW Ford Mondeo mit einem geschätzten Wert von 4.900,00 EUR, ein Girokonto mit einem Negativsaldo von 681,58 EUR, Sparguthaben bei der T mit einem Guthaben von 70,16 EUR, Sparguthaben bei der J mit einem Guthaben von 8.115,76 EUR, Sparbriefe bei der Q mit einem Wert von 2.457,67 EUR sowie 5.639,64 EUR; Kurswerte am 30.08.2005 in Höhe von 2.595,23 EUR und 5.713,27 EUR, eine Rentenversicherung mit einem Wertstand am 29.07.2005 in Höhe von 2.282,26 EUR.
Vermögen des Klägers zu 1) und des Klägers zu 3) wurden nicht angegeben. Der Kläger zu 1) gab vielmehr an, Privatinsolvenz angemeldet zu haben. In der Folge forderte die Beklagte weitere Unterlagen zur Feststellung des aktuellen Vermögenstandes an.
Mit Bescheid vom 15.11.2005 lehnte sie die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Dabei wurde ein Vermögen von 22.564,18 EUR im Juli 2005 zu Grunde gelegt (Sparcard 70,16 EUR, J 12.115,76 EUR, Depot bei der Q 8.096,00 EUR und Rentenfond 2.282,26 EUR). Das Vermögen überschreite den Vermögensfreibetrag des Klägers zu 1) und seiner Lebensgefährtin von 17.100,00 EUR um einen Betrag von 5.464,18 EUR.
Am 19.12.2005 beantragte der Kläger zu 1) beim Sozialgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Verpflichtung der Beklagten, Leistungen nach dem SGB II zu gewähren und legte hilfsweise Widerspruch gegen den vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts von der Beklagten angeforderten Bescheid vom 15.11.2005 ein. Er machte geltend, das Vermögen habe sich inzwischen auf deutlich unter 15.000,00 EUR reduziert. Im Übrigen seien die Freibeträge hinsichtlich des Vermögens nicht beachtet worden. Nach einer Auskunft der D müsse auch für den Kläger zu 3) ein Vermögensfreibetrag von 4.100,00 EUR berücksichtigt werden.
Mit Bescheid vom 06.01.2006 half die Beklagte dem Widerspruch vom 19.12.2005 insoweit ab, als sie Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.11.2005 bis 31.01.2006 gewährte. Die erneute Prüfung des Vermögens habe ergeben, dass das ehemals zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandene Vermögen zum 01.11.2005 die Vermögensfreigrenze unterschritten habe. Bis zum 02.11.2005 ergebe sich für die Klägerin zu 2) bei einem Alter von 36 Lebensjahren ein Vermögensfreibetrag von 7.200,00 EUR und für den Kläger zu 1) bei einem Alter von 42 Lebensjahren (42 x 200,00 EUR) ein Vermögensfreibetrag von 8.400,00 EUR. Darüber hinaus sei ein Anschaffungsfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 2.250,00 EUR (3 x 750,00 EUR) zu berücksichtigen. Daher ergebe sich ein Vermögensfreibetrag von 17.850,00 EUR. Der Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1a SGB II könne nicht berücksichtigt werden, da dieser Freibetrag nicht grundsätzlich für Kinder gewährt werde, sondern für das Vermögen des Kindes. Dies bedeute, dass dieser Freibetrag als personenspezifisch zu charakterisieren sei und somit auf die Eltern nicht übertragen bzw. mit dem Vermögen der Eltern verrechnet werden könne. Da der Kläger zu 3) kein eigenes Vermögen besitze, w...