Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Klage des Elternteils eines verstorbenen Leistungsberechtigten auf Erstattung der Kosten für den Einbau eines Senkrechtlifts. Aktivlegitimation. Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB 1. Vererbung nach § 58 SGB 1. Bedarfsdeckung durch darlehensweise vorleistenden Dritten
Orientierungssatz
1. Sozialhilfeansprüche sind ungeachtet ihrer Leistungsform höchstpersönliche Rechte. Daher kann ein Anspruch auf Sozialhilfe grundsätzlich nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB 1 oder der Vererbung nach § 58 SGB 1 auf einen Dritten übergehen, wenn nach dem Tod des Hilfebedürftigen die Leistung nicht mehr der Erfüllung des mit ihr verfolgten Zwecks dienen würde. Eine etwa vorhanden gewesene Notlage in der Person des Hilfebedürftigen lässt sich nach dessen Tod nicht mehr beheben.
2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann gegeben, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.04.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin ihrer am 00.00.2012 verstorbenen Tochter K X1 vom dem Beklagten Kostenerstattung für einen Senkrechtaufzug.
Die am 00.00.1990 geborene K X1 litt an einer Tumorerkrankung im Rückenmarkskanal und war auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie lebte zusammen mit ihrer Mutter N C (Klägerin) und deren Ehemann (Stiefvater) in einem Einfamilienhaus, das im Jahre 1928 errichtet wurde. Das von der Tochter K benutzte Schlafzimmer befand sich im 2. Obergeschoss. Dorthin führte eine Wendeltreppe, die mit einem auf Kosten der Pflegekasse angeschafften Scalamobil, einer Treppensteighilfe, ausgerüstet war, zu deren Bedienung eine Hilfsperson erforderlich war.
Am 08.04.2010 richtete der Ehemann der jetzigen Klägerin an einen Herrn X vom beklagten Kreis I eine E-Mail, ob er ihm helfen könne, ob es Zuschüsse von der Fürsorgestelle für Umbauten und Anschaffungen eines Senkrechtlifts gebe. Am 14.04.2010 beantragte die Klägerin mit ihrem Ehemann die Gewährung von Eingliederungshilfe für den Einbau einer Hubplattform außerhalb des Hauses und für einen Carport. Mit Schreiben vom 29.04.2010 wies der Beklagte darauf hin, dass für Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung die Pflegekasse zuständig sei. Der Antrag würde an den Integrationsfachdienst Q-I weitergeleitet. Der dann am 05.05.2010 gestellte Antrag bei der Pflegekasse (T IKK) auf Leistungen zur Wohnumfeldverbesserung wurde mit Bescheid vom 11.05.2010 abgelehnt.
Am 20.05.2010 beantragte K X1 bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für vier Maßnahmen, nämlich den Einbau eines Senkrechtaufzugs, den Einbau eines Außenhubliftes, den Umbau des vorhandenen Kfz auf Handgas und die Erstellung eines Carports mit Pflasterarbeiten der Zufahrt. Der Einbau eines Senkrechtaufzugs wurde dabei unter Zugrundelegung eines an die Fa. "S M", dessen Geschäftsführer der Ehemann der Klägerin ist, gerichteten Kostenvoranschlags des Herstellers, der Fa. Lifttec, vom 25.03.2010 mit insgesamt 29.631 EUR beziffert. Ferner findet sich unter dem 10.06.2010 der gleiche an die jetzige Klägerin adressierte Kostenvoranschlag für den Senkrechtaufzug, diesmal aber direkt von der Fa. S M.
Bei einem Ortstermin am 02.06.2010 mit Bediensteten des Beklagten wurde ausweislich der entsprechenden Niederschrift festgestellt, dass der beantragte Senkrechtaufzug bereits eingebaut, der Außenhublift an der Rückseite des Hauses installiert, das Scalamobil zurückgegeben und die vorhandene Garage für den geplanten Carport abgerissen worden war. Nach Auskunft des Ehemanns der Klägerin sei mit dem Einbau des Aufzuges begonnen worden, nachdem die IKK mit Bescheid vom 11.05.2010 einen Zuschuss abgelehnt habe. Mit Schreiben vom 09.06.2010 teilte die Klägerin hierzu mit, dass das Unternehmen S M Teile des Wohnhauses und des Gartenbereichs für Demonstrations- und Ausstellungsstücke gemietet habe. Der eingebaute Aufzug sei als Ausstellungsstück im Haus aufgestellt.
Mit Bescheid vom 28.07.2010 lehnte der Beklagte die Gewährung der beantragten Leistung für den Einbau eines Senkrechtliftes ab. Zwar gehöre die Antragstellerin zum Personenkreis des § 53 SGB XII, der grundsätzlich Anspruch auf Eingliederungshilfe habe. Der Antragstellerin habe ausweislich des Pflegegutachtens des MdK vom 17.03.2010 innerhalb des Hauses ein Treppensteiggerät, ein Scalamobil, zur Erreichung ihres Zimmers und des Badezimmers mit personeller Hilfe zur Verfügung gestanden. Die Notwendigkeit weiterer Baumaßnahmen sei vom MdK verneint worden. Ferner sei der Senkrechtlift bereits eingebaut (und das Scalamobil abgebaut) worden, bevor über den Antrag habe entschieden werden können. ...