Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. selbstständige Erwerbstätigkeit. Abzug von Steuern. Steuervorauszahlung. Korrelation der Berechnungsgrundlagen

 

Orientierungssatz

1. Die Berechnungsdaten für den Abzug von Steuern nach § 2 Abs 8 S 4 BEEG können aus einem Steuervorauszahlungsbescheid übernommen und anteilig auf die Bezugsmonate des Elterngelds umgerechnet werden.

2. Ergeht später ein endgültiger Steuerbescheid, können dessen Werte nicht ohne Weiteres zur (Neu-)Bestimmung des Steuerabzugs im Rahmen der Elterngeldberechnung herangezogen werden, wenn die Einkommensermittlung im Übrigen maßgeblich auf einer "vorläufigen Gewinnermittlung" beruht, die genau dem Steuervorauszahlungsbescheid zugrunde gelegen hat.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.08.2017; Aktenzeichen B 10 EG 1/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.03.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des endgültig festgesetzten Elterngeldes.

Die Klägerin übt eine selbstständige Tätigkeit als Controllerin aus. Auf Antrag vom 28.04.2010 erhielt sie für ihr Kind B, geboren am 00.00.2010, vorläufiges Elterngeld ab dem 2. Lebensmonat in Höhe von 1.474,00 Euro monatlich für einen Bezugszeitraum von 10 Monaten. Der Bewilligungsbescheid enthielt den Zusatz:

"Das Elterngeld wird vorläufig gezahlt, da das Einkommen noch nicht feststeht. Nach Klärung der Einkommensverhältnisse erhalten Sie einen weiteren Bescheid (§ 8 Abs. 3 Bundeselterngeld - und Elternzeitgesetz - BEEG)."

Das vorläufige Elterngeld wurde der Höhe nach aus einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) für das Jahr 2009 berechnet - unter Berücksichtigung eines voraussichtlich zu erzielenden Einkommens in Höhe von 700,00 Euro monatlich nach der Geburt des Kindes.

Inklusive eines Geschwisterbonus ergab sich danach ein monatliches Elterngeld von 1.474,00 Euro (siehe Blatt 22, 23 der Verwaltungsakten).

Mit Schreiben vom 06.01.2011 wurde die Klägerin aufgefordert, Unterlagen, wie den Steuerbescheid 2009 und Gewinnnachweis für die Zeit vom 04.03.2010 bis 03.01.2011, vorzulegen, um die endgültige Bemessung des Elterngeldes gemäß § 8 Abs. 3 BEEG vornehmen zu können.

Die Klägerin legte daraufhin Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG für die Jahre 2009 und 2010 vor sowie ihre Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2009.

Der Beklagte forderte anschließend weiterhin den Steuerbescheid für das Kalenderjahr 2009 an. Daraufhin wurden die Steuerbescheide mit Datum vom 10.06.2011 der (getrennt veranlagten) Klägerin und ihres Ehemannes für das Jahr 2009 eingereicht.

Mit Bescheid vom 12.07.2011 errechnete der Beklagte aus den vorgelegten Unterlagen ein endgültig festgesetztes Elterngeld in Höhe von 903,42 Euro monatlich gemäß § 8 BEEG. Hieraus ergab sich eine Überzahlung in Höhe von 5.705,80 Euro, die von der Klägerin gemäß § 50 Sozialgesetzbuch (SGB) X zurückgefordert wurde (zur Berechnung der Überzahlung siehe Anlage zum Bescheid vom 12.07.2011).

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 02.08.2011 Widerspruch. Die angesetzten monatlichen Nettoeinkünfte nach der Geburt ihres Kindes seien nicht nachvollziehbar. Von dem nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn in Höhe von 14.742,81 Euro im Bezugszeitraum (vom 04.03.2010 bis 31.12.2010), seien gemäß § 2 Abs. 8 BEEG Steuern und Versicherungsbeiträge abzuziehen. Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin mit, dass sie während des maßgeblichen Zeitraumes keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt habe.

Mit Teil-Abhilfebescheid vom 24.02.2012 berechnete der Beklagte das Elterngeld neu - nunmehr unter Berücksichtigung von anteiligen Steuervorauszahlungen der Klägerin für das Kalenderjahr 2010. Aus dieser Neufestsetzung ergab sich eine Erstattungsforderung in Höhe von 4.335,40 Euro (siehe Blatt 110 ff. der Verwaltungsakten).

Die Klägerin hielt ihren Widerspruch weiter aufrecht, da sie nach eigenen Berechnungen lediglich monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von ca. 631,00 Euro, statt der von der Beklagten errechneten 1.288,26 Euro erzielt habe (wegen der Einzelheiten siehe Schreiben vom 16.03.2012). Von dem angegebenen Gewinn für den Zeitraum vom 04.03.2010 bis zum 31.12.2010 in Höhe von 14.742,00 Euro sei daher sowohl die an das Finanzamt abgeführte und bezahlte Einkommenssteuer in Höhe von 4.348,00 Euro als auch die an die Krankenversicherung bezahlten Beiträge in Höhe von 4.076,00 Euro abzuziehen. In der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 03.01.2011 habe sie keinerlei Einkünfte gehabt. Damit errechne sich ein maßgelbliches bereinigtes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von durchschnittlich 631,00 Euro.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2012 unter Berücksichtigung des Teilabhilfebescheides vom 24.02.2012 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe mitgeteilt, dass sie keine Pflichtbeiträge in die gesetzliche Sozial...

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