Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Anspruch auf Kostenerstattung für behindertengerechten Umbau eines PKW im Rahmen der Hilfsmittelversorgung
Orientierungssatz
Hilfsmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung kommen beim Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums immer nur iS eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht iS des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Gesunden in Betracht. Der behindertengerechte Umbau eines Pkw ist nicht notwendig, um Grundbedürfnisse zu befriedigen (vgl BSG vom 16.9.2004 - B 3 KR 19/03 R = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 und B 3 KR 15/04 R).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 12.08.2005 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Frage streitig, ob der Kläger Anspruch auf Kostenerstattung für einen behindertengerechten Umbau seines Pkw im Rahmen der Hilfsmittelversorgung hat.
Der 1947 geborene Kläger leidet u.a. an Multipler Sklerose (MS), die zur Gehunfähigkeit geführt hat. Seit März 2003 bezieht er Leistungen der Pflegestufe III, darüber hinaus wurden die Nachteilsausgleiche einer erheblichen Gehbehinderung (G), einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (aG), der Hilflosigkeit (H) sowie einer Befreiung von der Rundfunk- und Fernsehgebührenpflicht (RF) zuerkannt. An Hilfsmitteln verfügt der Kläger über einen elektrischen Rollstuhl und einen Stehrollstuhl sowie eine elektrische Ladehilfe, mittels derer er den Rollstuhl in den Kofferraum seines Pkw verladen kann.
Im Januar 2003 beantragte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für einen behindertengerechten Umbau seines Pkws. Aufgrund der Progredienz seiner Erkrankung sei es ihm nicht mehr möglich, sich vom Rollstuhl ins Auto umzusetzen. Um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und die Praxen seiner Ärzte und seines Krankengymnasten zu erreichen, müsse er im Rollstuhl sitzend transportiert werden. Aus diesem Grunde plane er den Kauf eines entsprechend umzurüstenden Pkws. Ausweislich des Kostenvoranschlags der Firma J. GmbH vom 09.01.2003 beliefen sich die dadurch entstehenden Kosten auf 8.162,92 Euro.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21.01.2003 ab. Bei dem behindertengerechten Pkw-Umbau handele es sich um eine Maßnahme, die zur Eingliederung in das berufliche und das gesellschaftliche Leben diene. Aus diesem Grunde sei die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hierfür nicht zuständig. Der Kläger widersprach der Ablehnung und machte mit Schreiben vom 23.01.2003 geltend, bei dem Umbau des Pkw handele es sich in gleicher Weise wie bei dem Ladeboy um eine zweckgerichtete Erweiterung für den Einsatz seines Rollstuhls. Er sei zur Befriedigung der elementaren Grundbedürfnisse und Lebensbetätigungen auf seinen Pkw angewiesen, um mobil zu sein, andernfalls habe er keine Möglichkeit, am öffentlichen Leben teilzunehmen und sich einen körperlichen und geistigen Freiraum zu verschaffen. Ein menschenwürdiges Leben könne nicht in den eigenen vier Wänden unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, es setze vielmehr die Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben voraus. Diese Grundbedürfnisse, für die die GKV einzustehen habe, seien von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) anerkannt. Ohne den zwischenzeitlich erfolgten Umbau des Pkws wäre es ihm nicht möglich gewesen, an den verordneten Maßnahmen der Krankengymnastik teilzunehmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Befriedigung des elementaren Grundbedürfnisses "Fortbewegung" sei der Kläger mit einem Elektrorollstuhl ausgestattet. Damit sei er in die Lage versetzt worden, sich selbstständig fortzubewegen und die Grundbedürfnisse im Sinne eines zu gewährleistenden Basisausgleichs zu befriedigen. Der behindertengerechte Pkw-Umbau setze zum Ausgleich der Behinderung nicht unmittelbar am Körper am, sondern am zu bedienenden Gerät und sei damit kein Grundbedürfnis des täglichen Lebens, da er nur einen mittelbaren Ausgleich darstelle (Urteil des BSG vom 06.08.1998, Az.: B 3 KR 3/97 R). Auch das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums begründe keinen Anspruch, denn dieses Bedürfnis sei von der BSG-Rechtsprechung immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Gesunden verstanden worden. Das Mitfahren in einem Pkwsei keine körperliche Grundfunktion, die durch die GKV auszugleichen sei (Urteile des BSG vom 16.09.1999, Az.: B 3 KR 9/98 R; B 3 KR 8/98 R und B 3 KR 13/98 R). Es handele sich hierbei vielmehr um den Aspekt der sozialen Eingliederung Behinderter, für den andere Sozialleistungsträger zuständig seien.
Hiergegen richtete sich die am 24....