Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheit der Wohnungsgröße. Maßgeblichkeit der Mitgliederzahl der Bedarfsgemeinschaft. Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen bei Bedarfsgemeinschaften
Orientierungssatz
1. Die angemessene Wohnungsgröße orientiert sich auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Anzahl der Haushaltsmitglieder, sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 12 und vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 34).
2. Die Höhe der zu übernehmenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft richtet sich im Regelfall kopfanteilig nach der Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen, auch wenn sie nicht Teil der Bedarfsgemeinschaft sind (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 12 und vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 71).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23.10.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern von Januar 2013 bis Oktober 2014 zustehenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X.
Die 1978 geborene Klägerin zu 1) und der 1977 geborene Kläger zu 2) beziehen mit den gemeinsamen Kindern, den Klägern zu 3) bis 6) (geboren 2006, 1999, 2005 und 2001) seit mehreren Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Kläger wohnen in einer 140 m² großen Wohnung in X.-straße 1 in F., für die 2013 eine Bruttokaltmiete von 1.040,- EUR (Kaltmiete 780,- EUR, Betriebskosten 260,- EUR) sowie Heizkosten von 150,- EUR und ab Januar 2014 eine Bruttokaltmiete von 1.050,- EUR (Kaltmiete 775,- EUR, Betriebskosten 275,- EUR) sowie Heizkosten von 180,- EUR zu zahlen waren. Neben den Klägern lebten im streitigen Zeitraum die Söhne der Klägerin zu 1), B. und N. S. (geboren 1997 und 1998) in der Wohnung. Sie erhielten monatlichen Unterhalt von je 454,- EUR sowie Kindergeld von je 184,- EUR.
Mit Bescheiden vom 17.12.2012 und 18.06.2013 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv 1.358,58 EUR monatlich. Dabei errechnete die Beklagte die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem kopfteiligen Wert ausgehend von acht Haushaltsangehörigen und berücksichtigte eine nach den Angemessenheitsrichtlinien für acht Personen errechnete Kaltmiete von 645,40 EUR (7 * 80,68 EUR zzgl. einmal 80,64 EUR kopfteilig), die tatsächlichen Nebenkosten von 260,- EUR (32,50 EUR kopfteilig), mithin eine Bruttokaltmiete von 905,40 EUR und die tatsächlichen Heizkosten von 150,- EUR (18,75 EUR kopfteilig). Bei den Klägern zu 3) bis 6) berücksichtigte die Beklagte zudem Kindergeld von 190,- EUR (Kläger zu 4) bzw 215,- EUR (Kläger zu 3), 5) und 6)) als Einkommen. Für N. und B. S. ermittelte die Beklagte einen Bedarf von 420,93 EUR (289,- EUR Regelleistung, 80,68 EUR Kaltmiete, 32,50 EUR Betriebskosten [113,18 EUR] 18,75 EUR Heizkosten [KdU 131,93 EUR]) bzw. 420,89 EUR (289,- EUR Regelleistung, 80,64 EUR Kaltmiete, 32,50 EUR Betriebskosten [113,14 EUR], 18,75 EUR Heizkosten [131,89]). Sie stellte die Unterhaltzahlungen in Höhe von je 454,- EUR sowie das Kindergeld als Einkommen gegenüber und verneinte wegen des den Bedarf übersteigenden Einkommens einen Leistungsanspruch.
Mit Bescheiden vom 11.12.2013, 13.12.2013, 08.01.2014 und 23.01.2014 bewilligte die Beklagte für die Zeit von Januar 2014 bis Juni 2014 Leistungen iHv 1.433,58 EUR monatlich bzw. im Januar 2014 iHv 1.916,32 EUR (Nachzahlungsbetrag iHv 498,92 EUR aus der Nebenkostenabrechnung für 2012) und berücksichtigte die geänderten Abschläge für Betriebs- und Heizkosten. Mit Bescheid vom 10.06.2014 gewährte die Beklagte für Juli 2014 bis Dezember 2014 Leistungen iHv 1.467,36 EUR, mit Änderungsbescheid vom 29.10.2014 für November 2014 und Dezember 2014 iHv 1.480,56 EUR. Mit Bescheid vom 29.10.2014 hob die Beklagte den Bescheid vom 10.06.2014 für November 2014 und Dezember 2014 teilweise auf. Die Berechnung Bedarfe für Unterkunft und Heizung erfolgte jeweils nach den gleichen Grundsätzen wie im Kalenderjahr 2013.
Am 07.11.2014 beantragten die Kläger die Überprüfung der Bescheide ab Januar 2013 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft nach § 44 SGB X.
Mit Bescheid vom 20.11.2014 bewilligte die Beklagte den Klägern weitere Aufwendungen nach § 22 SGB II von 104,40 EUR für 2013, von insgesamt 29,90 EUR für Januar 2014 bis April 2014, von insgesamt 14,88 EUR für Mai 2014 bis August 2014 und von insgesamt 26,40 EUR für September 2014 und Oktober 2014, ausgehend von einer Bruttokaltmiete für acht Personen von 917,- EUR (6,55 EUR/m² ) für 2013, von 929,60 EUR (6,64 EUR/m²) für den Zeitraum Januar 2014 bis April 2014, von 925,40 EUR (6,61 EUR/m²) für den Zeitraum Mai 2014...