Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Gewaltopferentschädigung. während der Haft erlittene Verletzungen. Schädigungsfolge. chronische Aggression. psychogene Persönlichkeitsstörung. gutachterliche Untersuchung. wissenschaftlicher Diagnoseschlüssel
Orientierungssatz
Eine chronische Aggression und psychogene Persönlichkeitsstörung im Sinne einer andauernden Persönlichkeitsveränderung, die der Kläger auf Extrembelastungen durch Verletzungen in der Haft zurückführt, können nicht als gesundheitliche Schädigung nach § 1 Abs 1 OEG anerkannt werden, wenn in der gutachterlichen Untersuchung des Klägers keine derartige Persönlichkeitsakzentuierung fassbar war und die angenommene Extrembelastung nicht den dafür erforderlichen diagnostischen Kriterien entspricht, wie sie im wissenschaftlichen Diagnoseschlüssel ICD10 bzw DMS-IV vorgegeben sind.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) um Rentenleistungen.
Der 1952 geborene Kläger wurde im Jahre 1997 im Justizkrankenhaus G mit einer Flasche am Kopf verletzt. Mit Bescheid vom 13.07.2001 hat das Versorgungsamt X dem Kläger als Schädigungsfolgen nach dem OEG "Narben im Kopfbereich und am linken Daumen" bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE/Grad) Schädigungsfolgen GdS von unter 25 v. 100 festgestellt. Im folgenden gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf verpflichtete sich die damalige Beklagte zusätzlich noch "kleine muldenförmige Einsenkung der oberflächlichen Hautkontur am Schädeldach links der Seitenlinie" als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen.
Im Februar 2007 stellte der Kläger beim Versorgungsamt X einen Verschlimmerungsantrag. Diesen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2008 ab, nachdem der Kläger zu einer amtsärztlichen Untersuchung nicht erschienen war. Hierbei blieb der Beklagte auch mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2008. Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG Düsseldorf hat dieses zur Sachverhaltsermittlung ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. X eingeholt und die Klage sodann gestützt auf dieses Gutachten mit Urteil vom 23.11.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Kläger rechtzeitig erhobene Berufung, in welcher Dr. X, ergänzend gehört zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten, bei seiner medizinischen Einschätzung verblieben ist.
Dem Vorbringen des Klägers ist dem Antrag zu entnehmen,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2009 zu ändern sowie den Beklagten unter entsprechender Änderung von dessen Bescheiden vom 27.06.2008 und vom 27.10.2008 zu verurteilen, ihm Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz wegen des Vorfalls am 05.12.1997 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Beweisergebnisses wird auf die eingeholten Stellungnahmen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. X und wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sowie die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig. Zu Recht nämlich hat das SG ausgeführt, dass sich ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Rentenleistung nach dem OEG nur dann ergäbe, wenn sich zu seinen Gunsten eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuch (SGB X) ergeben hätte, durch welche eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit/der Grad der Schädigungsfolgen höher als mit 25 v. 100 feststellbar wäre (§ 1 Abs. 1 OEG i. V. m. § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG)). Daran fehlt es nach wie vor. Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren hat insoweit zu keinem anderen Beweisergebnis geführt, denn der erfahrene gerichtliche Sachverständige Dr. X hat insoweit überzeugend ausgeführt, dass die Einschätzung des behandelnden Psychiaters des Klägers Dr. P sowie seines Nachfolgers H, welche die von ihm beim Kläger diagnostizierte chronische Aggression und psychogene Somatisierungsstörung im Sinne einer andauernden Persönlichkeitsveränderung auf Extrembelastungen durch Verletzungen in der Haft zurückführen, schon bisher von keinem gerichtlichen Sachverständigen geteilt wurde und auch in der gutachterlichen Untersuchung des Klägers keine derartige Persönlichkeitsakzentuierung fassbar war, zumal die angenommene Extrembelastung nicht den dafür erforderlichen diagnostischen Kriterien, wie sie im wissenschaftlichen Diagnoseschlüssel ICD10 bzw. DMS-IV vorgegeben sind, entsprechen. Wegen der Einzelheiten wird auf die zutreffenden Ausführungen Dr. X in seinen Gutachten und Stellungnahmen sowie zur weiteren Begründung gemäß § 136 Abs. 3 SGG die angefochtenen Bescheide der Beklagten verwiesen.
Die Kostenentscheidung...