Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständiger Unfallversicherungsträger. versicherte Alternativen. Wahlfeststellung

 

Orientierungssatz

1. Zur Bestimmung des zuständigen Unfallversicherungsträgers bei einer Fallkonstellation, nach der zwei versicherte Alternativen im Sinne einer Wahlfeststellung möglich sind, nach den Rechtsgrundsätzen, die gelten, wenn die zum Unfall führende Tätigkeit für mehrere Unternehmen verrichtet worden ist.

2. Entscheidendes Kriterium für die Frage, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit versicherungsrechtlich zuzurechnen ist, ist danach die Abwägung, welcher Zuständigkeitsvorschrift versicherungsrechtlich das entscheidende Gewicht zukommt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2000; Aktenzeichen B 2 U 23/99 R)

 

Tatbestand

Streitig ist, welchem Versicherungsträger der Wegeunfall des Klägers vom 15.04.1996 zuzurechnen ist.

Der am 1977 geborene Kläger, der im elterlichen Haus in B-D wohnte, nahm am 15.04.1996 in seiner Schule, K S, an einem sogenannten Abi-Scherz teil. Bei dieser, seit 20 Jahren einmal im Schuljahr stattfindenden Veranstaltung handelt es sich um ein organisiertes Schulfest, das am Unfalltag gegen 13.40 Uhr endete. Danach beteiligte sich der Kläger bis 17.00 Uhr an Aufräumarbeiten. Anschließend brachte er mit dem PKW seines Vaters die bei der Veranstaltung benötigten Musikboxen zu dem Verleihunternehmen in R zurück. Gegen 17.15 Uhr fuhr er mit seinem Schulfreund K-G B nach S, um den für den Boxentransport geliehenen Anhänger dem Vater des Zeugen J D zurückzugeben. Um ca. 18.00 Uhr fuhr der Kläger dort wieder ab. Er wollte rechtzeitig zu seiner um 19.30 Uhr an seinem Wohnort D stattfindenden Feuerwehrübung eintreffen. Auf diesem etwa 25 km langen Weg ereignete sich gegen 18.50 Uhr der Unfall des Klägers auf der B 258 in Höhe O. in Fahrtrichtung A.

Zur Vorbereitung auf einen Leistungswettbewerb sollte der Kläger am Unfalltag ab 19:30 Uhr als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr an einer Feuerwehrübung teilnehmen. Die Übungskleidung befand sich in dem Feuerwehrgerätehaus, welches etwa 250 bis 300 m von dem elterlichen Haus des Klägers entfernt ist. Der Kläger selbst kann sich infolge der erlittenen schweren Schädel-Hirn-Verletzung nicht mehr an die Ereignisse des Unfalltages erinnern.

Die Beklagte zu 1) lehnte mit Bescheid vom 08.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1997 die Gewährung von Leistungen mit der Begründung ab, der Kläger habe sich auf dem Weg zu einer Veranstaltung der Freiwilligen Feuerwehr befunden, für die sie nicht der zuständige Versicherungsträger sei. Hiergegen hat der Kläger am 04.08.1997 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben (Az.: S 7 U 74/97).

Die Beklagte zu 2) lehnte die Anerkennung des Ereignisses vom 15.04.1996 als Wegeunfall mit Bescheid vom 16.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.1995 ab. Sie führte zur Begründung aus, für den unfallbringenden Weg habe kein Versicherungsschutz bei der Feuerwehr-Unfallkasse bestanden. Der Kläger sei vielmehr auf der Rückfahrt von einer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Abiturprüfung verunglückt. Hiergegen hat der Kläger am 26.02.1997 ebenfalls Klage zum Sozialgericht Köln erhoben (Az.: S 7 U 19/97). Das Sozialgericht hat die beiden Streitverfahren verbunden.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Schulleiters Pater H P, des Polizeimeisteranwärters J D und des Brandmeisters der Freiwilligen Feuerwehr D W H. Wegen der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 31.03.1998 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu 2) mit Urteil vom 23.06.1998 verurteilt, den Wegeunfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es hat zur Begründung ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß der Kläger am Unfalltag an zwei verschiedenen versicherten Tätigkeiten teilgenommen habe, und zwar an der Schulveranstaltung in seiner Schule K S und an der beabsichtigten Feuerwehrübung in D. Nach der Ablieferung des Anhängers in S als nachgängige Tätigkeit der versicherten Schulveranstaltung habe sich der Kläger gegen 18.15 Uhr auf den Weg zu der geplanten Feuerwehrübung begeben, die nach § 539 Abs. 1 Nr. 8 RVO versichert sei. Mit dem Verlassen des Ortes der ersten Tätigkeit beginne versicherungsrechtlich der Weg zum Ort der zweiten Tätigkeit (BSG SozR 2200 § 550 RVO Nr. 68). Da das Ziel der Fahrt des Klägers von S nach D das Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr D gewesen sei, bestimme sich danach der zuständige Unfallversicherungsträger.

Gegen das am 03.08.1998 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 13.08.1998 und der Kläger am 27.08.1998 Berufung eingelegt.

Die Beklagte zu 2) trägt vor, es fehlten objektive Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger habe sich im Unfallzeitpunkt bereits auf dem direkten Weg zur versicherten Feuerwehrtätigkeit befunden. Aus der gegenüber dem Zeugen D begründeten Absicht, noch am selben Tag an einer Feuerwehrübung teilnehmen zu wollen, ergebe sich dies keineswegs zwingend. Ebensowenig sei der Umsta...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge