Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Rückforderungsanspruch. Beginn der vierjährigen Verjährungsfrist. MDK-Prüfverfahren nach § 275 SGB 5 stellt kein vereinbartes Begutachtungsverfahren iS von § 204 Abs 1 Nr 8 BGB dar
Orientierungssatz
1. Die vierjährige Verjährungsfrist beginnt nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten Leistungserbringungsverhältnis beginnt bereits im Augenblick der Überzahlung (vgl BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R = BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40).
3. Das MDK-Prüfverfahren nach § 275 SGB 5 stellt kein vereinbartes Begutachtungsverfahren iS von § 204 Abs 1 Nr 8 BGB dar. Bei der Beauftragung des MDK mit einer Abrechnungsprüfung gem § 275 Abs 1 Nr 1 SGB 5 folgt die Krankenkasse einer gesetzlich verankerten öffentlich-rechtlichen Pflicht und führt nicht eine Vereinbarung mit dem Krankenhausträger aus (vgl BSG vom 19.9.2013 - B 3 KR 31/12 R = SozR 4-2500 § 275 Nr 11 RdNr 16).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 03.05.2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.190, 21 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin berühmt sich eines Erstattungsanspruchs in Höhe des Betrages einer von ihr beglichenen Rechnung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Der 1925 geborene, bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte L wurde im Zeitraum vom 30.11.2011 bis zum 01.12.2011 stationär in dem von der Beklagten betriebenen, nach § 108 SGB V zugelassenen Evangelischen Krankenhaus N behandelt.
Die Beklagte stellte mit Rechnung vom 08.12.2011 der Klägerin für diesen stationären Aufenthalt 1.190,21 EUR ausgehend von der Aufnahmediagnose H25.1 Cataracta nuclearis senilis und des OPS 5-144.5a (Extrakapsuläre Extraktion der Linse ) in Rechnung.
Die Klägerin beglich den Rechnungsbetrag am 23.12.2011 zunächst vollständig und veranlasste zugleich eine Überprüfung der Rechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). In seinem Gutachten vom 02.04.2012 gelangte dieser zu der Überzeugung, ein medizinischer Grund für eine stationäre Aufnahme habe nicht vorgelegen, da der Eingriff hätte ambulant erfolgen können.
Die Klägerin forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 10.04.2012 unter Fristsetzung zum 10.05.2012 zur Rückzahlung des Rechnungsbetrages von 1.190,21 EUR auf.
Die Beklagte wandte sich nachfolgend mit Schreiben vom 29.05.2012 mit der Bitte um erneute Begutachtung unmittelbar an den MDK und wies darauf hin, dass bei dem Versicherten ein erhöhtes perioperatives Risiko bestanden habe bei u.a. Zustand nach Netzhautoperation und Zustand nach Herzinfarkt, nicht gesicherter häuslicher Versorgung sowie stark eingeschränkter Mobilität und Sturzgefahr. Auf Veranlassung des MDK erteilte die Klägerin am 07.10.2016 einen neuerlichen Gutachtenauftrag.
Am 10.11.2016 erstellte der MDK das erbetene Widerspruchsgutachten, welches das erste Gutachten vom 02.04.2012 im Ergebnis bestätigte. Der Eingriff sei in Lokalanästhesie erfolgt. Im Arztbrief sei ein intraoperativ komplikationsloser Verlauf dokumentiert. Erhöhte Operationsrisiken, welche eine stationäre Behandlung medizinisch rechtfertigten, seien der vorliegenden Dokumentation nicht zu entnehmen. Zusätzliche Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Im Widerspruch werde jedoch eine Versorgungsproblematik im häuslichen Bereich beschrieben. Dieser soziale Tatbestand sei leistungsrechtlich durch die Krankenkasse zu beurteilen bzw. im Vorfeld mit der Krankenkasse abgeklärt worden.
Mit Schreiben vom 14.11.2016 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den strittigen Betrag von 1.190,21 EUR bis zum 05.12.2016 zu überweisen.
Am 09.03.2017 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben. Die Beklagte habe eine fehlerhafte Rechnung vorgelegt. Der Anspruch sei nicht verjährt. Nach § 45 Abs. 1 SGB I beginne die Verjährungsfrist nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden sei. Demnach wäre der Anspruch, da die Rechnung im Jahre 2011 eingereicht worden sei, bereits mit Ablauf des 31.12.2015 verjährt gewesen. Jedoch könne die Beklagte die Einrede der Verjährung nicht erheben. Mit dem Zeitpunkt der Widerspruchserstellung vom 29.05.2012 sei der Ablauf der Verjährung bis zum 10.11.2016, dem Datum der erneuten Stellungnahme des MDK, nach § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB gehemmt gewesen. Auch wenn die einseitige Beauftragung des MDK keine Vereinbarung eines Begutachtungsverfahrens im Sinne dieser Vorschrift sei, ergebe sich eine solche hier jedoch aus der sachlichen Einlassung der Beklagten auf die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen und Nachweise im Rahmen ihrer Widersprüche. Es habe kein einseitig vom Gläubiger betriebenes Begutachtungsverfahren mehr vorgelegen. Die Verjährung sei zudem gemäß § 203 BGB durch Verhandlungen gehemmt. Der Begriff der Verh...