rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Köln (Entscheidung vom 26.11.1997; Aktenzeichen S 19 Ka 11/97)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.06.2000; Aktenzeichen B 6 KA 26/99 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.11.1997 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Diättherapie als Heilmittel anzuerkennen ist.

Die Klägerin ist staatlich geprüfte Diätassistentin und seit 1986 in Köln in eigener Praxis selbständig tätig. Dort führt sie eigenverantwortlich diättherapeutische Maßnahmen und Ernährungsberatung im Rahmen ärztlicher Anordnungen durch. Der Verband Deutscher Diätassistenten e. V., dessen Mitglied die Klägerin ist, bemüht sich seit 1992 um eine Anerkennung der Diättherapie als Heilmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Beklagte lehnte zuletzt mit Schreiben vom 20.07.1995 und 07.08.1996 eine Anerkennung von Diätberatung und -therapie als verordnungsfähiges Heilmittel ab. Der Arbeitsausschuß sei nach eingehender Diskussion zu dem Konsens gekommen, daß es sich um eine reine Beratungsleistung handele. Darüberhinaus stelle die Diätberatung/Diättherapie kein klassisches Heilmittel dar, weil unter Heilmittel medizinische Maßnahmen zu verstehen seien, die unmittelbar am Körper des Patienten und durch äußerliche Einwirkung auf den Körper durchgeführt würden.

Zur Begründung ihrer im Januar 1997 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Auffassung des Beklagten, es handele sich nicht um ein Heilmittel, weil die Maßnahme nicht unmittelbar am Körper des Patienten ansetze, greife zu kurz. Der Begriff des Heilmittels sei offen und für Neuerungen zugänglich. Jedenfalls dann, wenn Diättherapie der Linderung, Eindämmung oder Heilung ernährungsbedingter Krankheiten diene, könne ihr die Qualität als Heilmittel nicht abgesprochen werden. Es fänden sich in den Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien auch Mittel wie etwa die Beschäftigungstherapie, die ähnlich wie die Diättherapie zu bewerten sei.

Die Ernährungsberatung sei ein wichtiger Teil der Versorgung, der von den niedergelassenen Ärzten nicht vollständig abgedeckt werden könne. Wenn ihr der Zugang zum System der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt werde, verletze dies ihr Recht auf Freiheit der Berufsausübung aus Art. 12 Grundgesetz (GG).

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die Diättherapie im Sinne des § 3 des Gesetzes über den Beruf des Diätassistenten als Heilmittel anzuerkennen sowie

2. über den therapeutischen Nutzen der Diättherapie zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die Diättherapie sei kein Heilmittel im Sinne der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien, weil auch die diätische Ernährung der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen sei und deshalb nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden könne. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Änderung der Richtlinien, weil sie von ihnen allenfalls mittelbar und in tatsächlicher Hinsicht betroffen sei. Rechtspositionen für in das System der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eingebundene Leistungserbringer würden durch die Richtlinien nicht begründet.

Mit Urteil vom 26.11.1997 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Die Grundrechte der Klägerin aus Art. 12 und Art. 14 GG seien nicht verletzt, weil durch die Ablehnung des Beklagten nur Chancen und Erwerbsmöglichkeiten betroffen seien. Die Klägerin sei grundsätzlich nicht gehindert, ihre Leistungen anzubieten. Der Ausschluß dieser Leistungen aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung berühre den grundrechtlichen Schutzbereich nicht.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie trägt im wesentlichen vor, bei der Teilnahme an der gesetzlichen Krankenversicherung handele es sich nicht lediglich um eine zusätzliche Chance und einen zusätzlichen Absatzmarkt, sondern es gehe bei einem Ausschluß aus diesem System praktisch um eine Zulassungssperre. Das Bundesverfassungsgericht gehe ganz offenkundig vom Vorliegen einer objektiven berufsregelnden Tendenz aus, wenn es in seiner Kassenarztentscheidung anerkenne, daß der nicht einbezogene Leistungserbringer praktisch an der Behandlung zahlreicher Patienten gehindert sei, die ihn sonst in Anspruch nehmen würden. Die Diätassistenten stellten die einzige Berufsgruppe dar, die ein parlamentarisches Berufsgesetz vorweisen könnten, das eine Therapieform regele, die gleichwohl nicht in das System der gesetzlichen Krankenversicherung integriert sei. Auch im Europäischen Ausland, etwa in der Schweiz, sei die Diättherapie als eigenständiges Heilmittel anerkannt und in das System der Krankenversicherung integriert. Wenn Art. 12 GG als Maßstab heranzuziehen sei, sei der Bundesausschuß nicht hinreichend legitimiert, entsprechende Eingriffe vorzunehmen. Anders als bei dem Methadonurteil des Bundessozialgerichts (BSG)...

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