Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfsmittelverzeichnis. Nicht-invasive Magnetfeld-Therapie. NUB. Krankenversicherung. Spitzenverbände. Verbände
Leitsatz (redaktionell)
1. Der – im Kompetenzkonflikt zwischen den für die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis zuständigen Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem für die Anerkennung neuer Behandlungsmethoden zuständigen Bundesausschuss – bestehende sachliche Vorrang der Richtlinien nach § 92 SGB V besteht auch bei einer mit einem Hilfsmittel verknüpften neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
2. Ist eine bisher nicht anerkannte Behandlungsmethode mit einem Hilfsmittel verbunden, kann daher eine eigenständige Prüfung des therapeutischen Nutzens dieses Hilfsmittels durch die Spitzenverbände der Krankenkassen, die sich notwendigerweise auf den therapeutischen Nutzen der Methode insgesamt erstrecken müßte, nicht erfolgen.
3. Ein Anspruch auf die Aufnahme der für die nicht-invasive Magnetfeld-Therapie hergestellten Geräte für die Anwendungsgebiete “Beschwerden durch Lockerung der Gelenkendoprothese, Einheilung von Spongiosa” in das Hilfsmittelverzeichnis besteht damit nicht.
Orientierungssatz
Zur Verpflichtung der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung zur Aufnahme eines Hilfsmittels (hier Gerät zur Elektrostimulation des Knochen- und Bindegewebes mittels pulsierender Magnetfelder) in das Hilfsmittelverzeichnis.
Normenkette
SGB V §§ 33, 128, 139 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, § 135 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1), 3), 5), 6), 7) und 8) wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.01.1999 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagten Spitzenverbände der Krankenversicherung verpflichtet sind, die von der Klägerin produzierten und vertriebenen Geräte der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen.
Die Klägerin produziert und vertreibt seit den siebziger Jahren die von ihrem Geschäftsführer zusammen mit einem Arzt entwickelten Geräte zur Elektrostimulation des Knochen- und Bindegewebes mittels pulsierender Magnetfelder, mit dem Patienten im Wege der Heimbehandlung Magnetfeldtherapie bei sich selbst anwenden können. In dem vorliegenden Verfahren geht es nur noch um die Indikationsbereiche "Beschwerden durch Lockerung der Gelenk-Endoprothese, Heilung von Spongiosa und Tumormetastasen im Knochen, Osteotomien des Tibiakopfes und Frakturheilungsstörungen (insbesondere verzögerte Frakturheilung und Pseudarthrose) bei kleinem Frakturspalt". Die Magnetfeldtherapie mittels implantierter Spulen (invasive Magnetfeldtherapie) ist als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anerkannt (Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 14.01.1992). Geräte für diese Behandlung sind im Hilfsmittelverzeichnis in der Produktgruppe 09 - Elektrostimulationsgeräte - eingetragen.
In der Zeit vor 1992 war auch die nicht-invasive Magnetfeldtherapie mit dem N-Verfahren als kassenärztlich abrechenbare Behandlungsmethode zugelassen. Mit Beschluss vom 14.01.1992 hatte der (frühere) Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen jedoch den Katalog der nicht abrechnungsfähigen Behandlungsmethoden um die Position "Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen" unter Nr. 9 der Anlage 2 der (früheren) NUB-Richtlinien (BAnz 1992, Nr. 34; Nr. 9 der Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung i.d.F. vom 17.01.2006 - BAnz 2006, Nr. 48) erweitert und ausgeführt, die nicht-invasive Magnetfeldtherapie könne nicht als Hilfsmittel (z.B. beim Physiotherapeuten) bzw die benötigten Geräte könnten nicht als Hilfsmittel (zur Eigenbehandlung durch den Patienten) zu Lasten der GKV verordnet werden.
Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hatte die Klägerin verlangt, das N-Verfahren, das sich von den anderen Magnetfeldtherapien unterscheide, von dem Ausschluss auszunehmen. Nach einem abweisenden Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.03.1992 (S 19 Ka 5/92 - SG Köln) verpflichtete sich der Bundesausschuss in einem Vergleich vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 24.06.1992 (L 11 S(Ka) 10/92 LSG NRW), das N-Verfahren erneut zu überprüfen, insbesondere festzustellen, ob durch die dadurch erzielten therapeutischen Wirkungen das Verfahren nicht unter den am 14.01.1992 beschlossenen Ausschluss falle. Der Arbeitsausschuss "Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" (NUB) befasste sich in seiner Sitzung am 15.10.1992 mit dem N-Verfahren und kam nach Anhörung der geladenen Sachverständigen zu der Ansicht, unabhängig davon, ob sich das N-Verfahren von anderen Verfahren der Magnetfeldtherapie unterscheide, sei die therapeutische Wirksamkeit nicht gesichert. Das Verfahren sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar, die vorliegenden Studien hielten wissenschaftlichen Anforderungen nicht stand und könnten...