Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungsanspruch für minderjährige Ausländer. Vorrang von Leistungen für Asylbewerber

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Gewährung von Sozialgeld für ein minderjähriges Kind ausländischer Herkunft ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Kind über keinen Aufenthaltstitel verfügt. Vielmehr kommt ein solcher Leistungsanspruch auch dann in Betracht, wenn Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gerade deshalb ausscheiden, da die dafür notwendigen Anspruchsvoraussetzungen auch im Hinblick auf den rechtlichen Status des Aufenthaltes nicht gegeben sind. Dies gilt erst Recht, wenn die Eltern des betroffenen Kindes bereits Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehen.

2. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (juris: AsylbLG) setzen das tatsächliche Vorhandensein eines Aufenthaltstitels voraus. Dagegen genügt nicht der Umstand, dass dem Betroffenen möglicherweise ein Titel zusteht (Fortführung: LSG Essen, Urteil vom 21. Januar 2013, Az: L 19 AS 2363/12).

 

Tenor

Auf die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.03.2009 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung seines Bescheides vom 13.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2007 verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 zu bewilligen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007.

Der am 00.00.2006 geborene Kläger ist der in L geborene Sohn der am 00.00.1981 geborenen B S und des am 00.00.1982 geborenen O U. Er hat vier Geschwister. Die Eltern des Klägers stammen aus dem Nordirak, sind Kurden und gehören dem jesidischen Glauben an. Im Jahre 2000 gelangten sie in die Bundesrepublik Deutschland. Sie stellten am 14.02.2000 Asylanträge, die durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 06.12.2000 unter gleichzeitiger Anerkennung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (Abschiebungsverbot wegen Bedrohung im Heimatstaat) abgelehnt wurden. Die Anerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG a.F. wurde mit Bescheid vom 01.06.2004 widerrufen, die Klage hiergegen blieb erfolglos. Den Eltern des Klägers wurden zunächst Duldungen zur Durchführung des Asylverfahrens, später Aufenthaltsgenehmigungen, für die Zeit ab dem 09.02.2005 bis 09.02.2008 dann Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG (Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention) erteilt. Nach der im Antragsverfahren auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vorgelegten Aufenthaltsgenehmigung des O U vom 02.01.2007 mit Geltung bis zum 09.02.2008 war diesem jede Beschäftigung erlaubt.

Der Kläger wurde als in das durch Antragstellung am 22.05.2007 eingeleitete Asylverfahren seiner Eltern einbezogen angesehen. Sein Antrag wurde mit Bescheid vom 16.07.2007 abgelehnt unter gleichzeitiger Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG bezogen auf den Irak. Dieser Bescheid ist nach der vorliegenden Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 01.08.2007 seit dem 21.07.2007 unanfechtbar. Im Rahmen eines Eilverfahrens verpflichtete das Sozialgericht Köln die Beigeladene mit Beschluss vom 21.09.2007, dem Kläger vorläufig Leistungen nach § 3 AsylbLG für die Zeit vom 13.07.2007 bis zum 30.09.2007 zu erbringen. Dieser Verpflichtung kam die Beigeladene mit Bescheid vom 04.10.2007 nach. Der Kläger hatte bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG im Oktober 2007 (Flüchtlingsausweis ab 25.10.2007) keinen verbrieften Aufenthaltstitel.

Auf den am 19.04.2007 gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagter) mit Bescheid vom 13.07.2007 den Eltern sowie drei Geschwistern des Klägers, nicht jedoch diesem, Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 31.10.2007 i.H.v. 567,40 EUR monatlich. Gegen die Nichtberücksichtigung des Klägers legte dieser am 23.07.2007 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 26.10.2007 mit der Begründung zurückwies, als Asylantragsteller sei der Kläger grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem AsylbLG und von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.

Am 05.11.2007 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 13.07.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2007 erhoben. Als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft und Familienangehöriger erwerbsfähiger Hilfebedürftiger stehe ihm ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zu.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 13.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbesc...

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