Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienversicherung. Beamtin. Erziehungsurlaub. subsidiärer Beihilfeanspruch. Versicherungsfreiheit. Wegfall
Orientierungssatz
Ein während der Zeit eines Erziehungsurlaubs einer Beamtin bestehender subsidiärer Beihilfeanspruch ist kein Beihilfeanspruch is des § 6 Abs 1 nr 2 SGB 5. Mithin liegt keine Versicherungsfreiheit iS des § 10 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5 vor, so dass ein Anspruch auf Familienversicherung besteht.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin während der Zeit ihres Erziehungsurlaubs familienversichert war.
Die 1968 geborene Klägerin ist Landesbeamtin in Nordrhein-Westfalen. Ihre Tochter wurde 1996 geboren. Vom 03.12.1996 bis 21.08.1997 nahm die Klägerin Erziehungsurlaub. Sie erhielt bis zum 07.04.1997 Erziehungsgeld.
Am 18.10.1996 beantragte sie bei der Beklagten die Durchführung der Familienversicherung. Sie fügte einen Versicherungsschein der Debeka vom 12.12.1996, aus dem sich ergibt, daß die Klägerin ab 03.12.1996 anstelle des bisherigen Monatsbeitrages von 290,98 DM für Dezember 1996 einen Ruhensbeitrag von 95,61 DM und ab 01.01.1997 einen solchen in Höhe von 70,32 DM zahlt, bei. Außerdem reichte sie ein Schreiben der Oberfinanzdirektion K vom 03.12.1996 ein. Daraus läßt sich entnehmen, daß nach §§ 86 Abs. 2 letzter Satz i.V.m. 85a Abs. 5 Landesbeamtengesetz (LBG NRW) in der ab 01.01.1996 maßgebenden Fassung keine Beihilfe mehr gewährt wird, wenn ein Anspruch auf Familienhilfe nach § 10 SGB V besteht. Von den gesetzlichen Krankenversicherungen werde das Bestehen einer Familienversicherung jedoch nicht anerkannt. Damit bestehe für Beamtinnen im Erziehungsurlaub, deren Ehegatten in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, weiterhin ein Beihilfeanspruch (vgl. Erlasse des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28.11. und 08.12.1995).
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheiden vom 16.12.1996 und 20.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.05.1997 ab, weil während des Erziehungsurlaubs auch ohne Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V Versicherungsfreiheit gegeben sei. Wegen des fortbestehenden Beihilfeanspruchs bleibe die Zugehörigkeit der Klägerin zum beamtenrechtlichen Sicherungssystem erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1993 -- 12 RK 91/92 --).
Die Klägerin hat am 11.06.1997 vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben und vorgetragen: In den ab 01.01.1996 geänderten Beihilfevorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen werde nicht mehr zwischen Erziehungsurlaub und Urlaub aus familienpolitischen Gründen unterschieden. Daher sei es nicht mehr gerechtfertigt, Beamtinnen im Erziehungsurlaub die Familienversicherung zu versagen und andererseits für Beamtinnen im familienpolitischen Urlaub die Familienversicherung durchzuführen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 16.12.1996 und 20.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.1997 aufzuheben und festzustellen, daß die Klägerin ab 03.12.1996 bei der Beklagten familienversichert ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 26.01.1998 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, daß die Klägerin ab dem 03.12.1996 bei der Beklagten familienversichert ist. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 11.02.1998 zugestellte Urteil am 17.02.1998 Berufung eingelegt und vorgebracht: Die Familienversicherung könne nicht begründet werden, weil die Klägerin nicht alle 5 Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 SGB V erfülle. Die Familienversicherung sei nur subsidiär. Sie sei ausgeschlossen, wenn ein anderer ausreichender Versicherungsschutz bestehe. Nach Nr. 3 des § 10 Abs. 1 SGB V seien versicherungsfreie Angehörige nicht erfaßt. Diese gehörten nicht zum schutzbedürftigen Personenkreis. Dies gelte selbst dann, wenn die übrigen Voraussetzungen für die Familienversicherung vorlägen. Die Klägerin sei als Beamtin versicherungsfrei (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Zwar knüpfe die Versicherungsfreiheit an den Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und Beihilfe an. Das BSG (Urteil vom 29.03.1993 -- 12 RK 91/92 --) habe aber den Ausschluß aus der Familienversicherung auf solche Beamte, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem besonderen Sicherungssystem diese vorgenannten Ansprüche nicht hätten, erstreckt. Die vom BSG aufgestellten Grundsätze würden keinesfalls durch die Änderung des LBG NRW aufgehoben, wonach der Beihilfeanspruch während des Erziehungsurlaubs ab Januar 1996 nur noch unter Vorbehalt stehe. Das BSG habe in einem weiteren Urteil (vom 23.10.1996 -- 4 RK 1/96 --) klargestellt, daß unterschieden werden müsse zwischen der sozialrechtlichen Stellung im Erziehungsurlaub und dem unbezahlten Urlaub aus familiären Gründen. Während des Erziehungsurlaubs bestehe für Bundesbeamte eine Beihilfeberechtigung. Daraus ergebe sich, daß eine Familienversicherung nicht durchgeführt werde, wenn ein Beihilfea...