Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Kostenersatz bei schuldhaftem Verhalten. Herbeiführung der Leistungsvoraussetzungen. Nichtweiterleitung von Rentenbezügen eines in einem Pflegeheim untergebrachten Betreuten durch dessen Betreuer. Sozialwidrigkeit des Verhaltens
Orientierungssatz
1. Ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Herbeiführen der Leistungsvoraussetzungen als Voraussetzung für einen Kostenersatzanspruch nach § 103 Abs 1 S 1 SGB 12 kommt auch dann in Betracht, wenn der Betreuer eines in einem Pflegeheim untergebrachten Betreuten Rentenbezüge des Betreuten nicht weiterleitet und dadurch Zahlungsrückstände beim Heimträger anhäuft, die zum Einsetzen von Sozialhilfe führen.
2. Ein solches Verhalten ist als sozialwidrig zu qualifizieren, da es den sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatz in einer Weise verletzt, die aus Sicht der Gemeinschaft zu missbilligen ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.11.2017 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird endgültig auf 12.396,25 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Kostenersatz nach § 103 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Die 1970 geborene Klägerin ist die Tochter und gesetzliche Betreuerin der am 00.00.1943 geborenen und am 00.00.2019 verstorbenen Hilfeempfängerin, Frau I. Diese Betreuung umfasste seit Februar 2011 auch Vermögensangelegenheiten; zuvor verfügte die Klägerin aufgrund einer ihr von der Mutter erteilten Vollmacht über deren Konto.
Die Hilfeempfängerin befand sich seit dem 22.06.2010 in stationärer Betreuung im Alten- und Pflegeheim Haus C in Q. Zu Beginn des Pflegeheimaufenthaltes erhielt sie lediglich Pflegewohngeld. Aus der Alters- und Witwenrente der Hilfeempfängerin und vorhandenem Vermögen wurden die Rechnungen der Pflegeeinrichtung bis zum 15.08.2011 beglichen.
Nach Verbrauch diversen Barvermögens stellte die Hilfeempfängerin am 15.08.2011 einen Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe. Zum Antragszeitpunkt erhielt sie eine Altersrente in Höhe von 345,45 EUR und eine Witwenrente in Höhe von 743,86 EUR. Auch war sie Miteigentümerin eines Hausgrundstücks (H-straße 00, Q) in ungeteilter Erbengemeinschaft mit der Klägerin (Verkehrswert lt. Gutachterausschuss 35.000 EUR, hälftiger Anteil 17.500 EUR), nachdem der Ehemann der Hilfeempfängerin, Herr I, am 00.00.2002 verstarb. Den Antragsunterlagen beigefügt war ein Bescheid der Stadt Q über Grundbesitzabgaben vom 09.01.2012 für das laufende Jahr in Höhe von insgesamt 229,31 EUR (19,10 EUR monatlich), ein Beitragsbescheid der B-Immobilienversicherung in Höhe von insgesamt 322,69 EUR (26,29 EUR monatlich), eine Lastschriftmitteilung der Q für die Hausratversicherung in Höhe von 192,83 EUR (16,06 EUR monatlich) sowie die Mitteilung der J Lebensversicherung über die Rückkaufswerte einer Sterbegeldversicherung.
Mit Bescheid vom 17.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2012 bewilligte der Beklagte der Hilfeempfängerin die Übernahme der ungedeckten Heimkosten ab dem 15.08.2011 darlehensweise (§ 91 SGB XII). Dies wurde von der Bestellung eines Grundpfandrechts an dem Grundstück in Q, alternativ von einer Abtretungserklärung der Klägerin, die beabsichtigte, den Grundstücksanteil zu erwerben, dahingehend, dass der Verkaufserlös an den Beklagten abgetreten werde, abhängig gemacht. Ferner wurde unter der Überschrift "Einsatz des monatlichen Einkommens" ausgeführt, dass vom Einkommen der Hilfeempfängerin die laufenden monatlichen Kosten des Grundbesitzes zur Hälfte (kursiv im Original) freigelassen würden. Diese umfassten Grundbesitzabgaben, Gebäudeversicherung, Hausratversicherung, Strom und Gas. Insgesamt ergebe sich eine Einkommensbereinigung von monatlich 153,52 EUR. Dies bedeute, dass die Hilfeempfängerin ab dem 15.08.2011 folgende Einkünfte an die Einrichtung weiterleiten müsse: Pflegeversicherungsleistungen 1.279,00 EUR, Altersrente 345,45 EUR, Witwenrente 743,86 EUR, [VBL-Rente 115,34 EUR, wurde später unberücksichtigt gelassen, da nicht gezahlt] abzüglich laufende Kosten Grundbesitz monatlich je zur Hälfte - 153,52 EUR.
Zur Auszahlung des Darlehensbetrages kam es letztlich nicht, da die geforderte Grundschuld nicht eingetragen und auch die Erklärung zur Verwendung des Verkaufserlöses nicht vorgelegt wurde. Gegen die darlehensweise Leistungsbewilligung (bis 30.06.2013) erhob die Hilfeempfängerin Klage bei dem Sozialgericht Detmold, die mit Urteil vom 25.04.2017 (Az.: S 2 SO 258/12) abgewiesen wurde. Hierüber ist noch ein Berufungsverfahren bei dem LSG NRW (Az.: L 20 SO 286/17) anhängig.
Ab August 2011 wurden durch die Klägerin als Betreuerin der Hilfeempfängerin keine weiteren Zahlungen in Form der Weiterleitung beider Rentenzahlbeträge an die Pflegeeinrichtung mehr erbracht. Aufgrund auch hieraus resultierender, hoher Zahlungsrückstände erwirkte das Pflegeheim dur...