Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit als die Grundsicherungsleistung minderndes Einkommen

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung der Höhe der zu gewährenden Grundsicherungsleistung sind die Zuschläge zum Arbeitsentgelt für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II (juris SGB 2) als Einkommen zu berücksichtigen.

2. Diese sind nicht als zweckbestimmte Leistungen i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II (juris SGB 2) von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen. Sie dienen dem gleichen Zweck wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil sich ein abweichender Verwendungszweck nicht feststellen lässt, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juni 2006 - B 4 AS 89/09.

3. Mit der Zahlung der Zuschläge ist arbeitsvertraglich ein konkreter, von dem Arbeitgeber vorgegebener Verwendungszweck nicht verbunden. Auch aus den Vorschriften des Steuer- und Arbeitsrechts kann eine besondere Zweckbestimmung nicht hergeleitet werden.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.08.2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Anrechnung von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit als Einkommen.

Die Kläger stehen bei der Beklagten im Leistungsbezug. Der Kläger war von Juni 2006 bis Dezember 2007 als Lader bei der Firma E GmbH im Flughafen E und von Februar bis Juni 2008 als Helfer bei der Firma S GmbH & Co. KG beschäftigt. Der Kläger erhielt monatliche Zuschläge vom Arbeitgeber für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Wegen der Einzelheiten wird auf die Arbeitsverträge vom 13.06.2006 und 22.02.2008 sowie aufgrund der Bezugnahme auf den Tarifvertrag zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. (BZV) und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit verwiesen. Die Beklagte rechnete die Zuschläge unter Berücksichtigung der Freibeträge gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 SGB II als Einkommen auf den Bedarf der Kläger an.

Am 20.01.2009 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag gem. § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bei der Beklagten mit der Begründung, in den Bescheiden vom 24.07.2006, 23.08.2006, 25.09.2006, 20.10.2006, 22.11.2006, 19.12.2006, 24.01.2007, 21.02.2007, 26.03.2007, 23.04.2007, 24.05.2007, 25.06.2007, 25.07.2007, 27.08.2007, 24.09.2007, 24.10.2007, 26.11.2007, 18.12.2007, 24.01.2008, 25.03.2008, 23.04.2008, 26.05.2008, 23.06.2008 und 23.07.2008 seien zu Unrecht die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge als Einkommen angerechnet worden. Es ergebe sich ein weiterer Zahlungsanspruch von 1708,50 EUR als Summe der steuerfreien und damit anrechnungsfreien Beträge für den Zeitraum von Juni 2006 bis Juni 2008. Wegen der Berechnung des Betrages wird auf die Auflistung im Schreiben von 20.01.2009 verwiesen.

Mit Bescheid vom 02.02.2009 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 44 SGB X seien nicht gegeben. Da Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge demselben Zweck wie das SGB II dienen würden, seien diese nach § 11 Abs. 1 SGB II anzurechnen.

Den Widerspruch vom 10.02.2009 begründeten die Kläger mit der Entscheidung des Sozialgerichts Lüneburg (Urteil vom 26.10.2007 - S 28 AS 1055/07). Die Beklagte erteilte am 08.05.2009 einen Teilabhilfebescheid und gewährte wegen fehlerhafter Einkommensanrechnung eine Nachzahlung von 121,77 EUR (im April 2008 von 59,81 EUR, im Juni 2008 von 61,96 EUR). Soweit der Kläger die Auszahlung der als Einkommen berücksichtigten Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge begehrte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2009 als unbegründet zurück. Dem SG Lüneburg sei entgegen zu halten, dass Arbeitnehmer nicht für die Selbstverpflegung täglich einkaufen gehen müssten und Mahlzeiten in Kantinen auch an Wochenenden zu den gleichen Preisen erhältlich seien. Zudem sei der Kläger von Juni 2006 bis Dezember 2007 am Flughafen tätig gewesen. Soweit dort das Einkaufen nicht möglich gewesen sein sollte, sei davon auszugehen, dass der Kläger selbstgemachte Speisen verzehrt habe. Auf das Argument der Steuerfreiheit komme es indes nicht an.

Die Kläger haben am 19.05.2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt.

Die Kläger haben beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 24.07.2006, 23.08.2006, 25.09.2006, 20.10.2006, 22.11.2006, 19.12.2006, 24.01.2007, 21.02.2007, 26.03.2007, 23.04.2007, 24.05.2007, 25.06.2007, 25.07.2007, 27.08.2007, 24.09.2007, 24.10.2007, 26.11.2007, 18.12.2007, 24.01.2008, 25.03.2008, 23.04.2008, 26.05.2008, 23.06.2008 und 23.07.2008 abzuändern und den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1708...

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