Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Auffälligkeitsprüfung. Vergleichsgruppe. Berücksichtigung. Praxisbesonderheit

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung muss die jeweilige Vergleichsgruppe aus Ärzten bestehen, die ein annähernd gleichartiges Patientengut versorgen und im Wesentlichen dieselben Erkrankungen behandeln, weil nur unter dieser Voraussetzung der durchschnittliche Behandlungsaufwand der Arztgruppe geeigneter Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungstätigkeit eines Angehörigen dieser Arztgruppe ist.

2. Auf die Bildung einer besonderen, engeren Vergleichsgruppe kann dann nicht verzichtet werden, wenn die jeweils maßgebenden Leistungsbedingungen so verschieden sind, dass von einem statistischen Vergleich von vornherein keine verwertbaren Aussagen über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einer Leistung oder eines Leistungskomplexes zu erwarten sind (vgl ua BSG vom 10.5.2000 - B 6 KA 25/99 R = SozR 3-2500 § 106 Nr 49).

3. Das durch eine statistische Vergleichsprüfung gewonnene, mittels intellektueller Prüfung bestätigte Ergebnis der Unwirtschaftlichkeit wird nicht dadurch widerlegt, dass der Beschwerdeausschuss die Behandlungsweise in den Vorquartalen einer Einzelfallprüfung unterzogen und keinen Anlass zu Beanstandungen gefunden hat.

4. Als Praxisbesonderheiten eines geprüften Arztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.11.2003; Aktenzeichen B 6 KA 58/03 B)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.04.2002 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in den Quartalen II und III/2000.

Die in Gemeinschaftspraxis in C niedergelassenen Kläger sind zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen; der Kläger zu 1) ist fachärztlicher Internist, der Kläger zu 2) hausärztlicher Internist und die Klägerin zu 3) Ärztin für Allgemeinmedizin.

Auf Prüfanträge kürzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Köln (Prüfungsausschuss) mit Bescheiden vom 24.10.2000 (Quartal I/2000) und 29.01.2001 (Quartal III/2000) deren Honorarforderungen und zwar

für das Quartal II/2000 bei

Nr. 2 EBM um 5,09 % (17.615,2 Pkt.),

Nrn. 17 und 60 EBM um 16,66 % (72.910,8 Pkt.),

Nrn. 378, 384, 668, 686, 687 und 689 EBM um 32,92 % (326.382 Pkt.)

und für Quartal III/2000 bei

Nr. 2 EBM um 4,2 % (13.730,5 Pkt.),

Nrn. 17, 18 und 60 EBM um 16,3 % (73.770,5 Pkt.),

Nrn. 378, 384, 668, 686 und 689 EBM um 15,49 % (143.582,2 Pkt.).

Der Prüfungsausschuss ging dabei für das Quartal II/2000 von Überschreitungen

um 135 % (Nr. 2), 211 % (Nr. 17), 163 % (Nr. 60), 222 % (Nr. 378), 350 % (Nr. 384), 352 % (Nr. 668), 166 % (Nr. 686), 489 % (Nr. 687) sowie 405 % (Nr. 689) und für das Quartal III/2000 von Überschreitungen um 126 % (Nr. 2), 200 % (Nr. 17), 253 % (Nr. 18), 197 % (Nr. 60), 178 % (Nr. 378), 465 % (Nr. 384), 302 % (Nr. 668), 122 % (Nr. 686) sowie 258 % (Nr. 689) aus.

Mit ihren Widersprüchen rügten die Kläger u.a. eine fehlerhafte Anhörung; von den Prüfanträgen seien sie erst benachrichtigt worden, nachdem der Prüfungsausschuss entschieden hätte. Des Weiteren seien die Diabetes-Fällen nicht berücksichtigt; dies führe zu einer statistisch höheren Frequenz und stelle eine Benachteiligung gegenüber den nicht an der Strukturversorgung teilnehmenden Ärzten dar. Ebenfalls sei der eigene niedrigere Anteil von Sekundärscheinen nicht berücksichtigt worden; damit bleibe unbeachtet, dass überwiesene Patienten (zu unterschiedlichen Anteilen) von zwei verschiedenen Praxen versorgt würden und auf fachärztlich-internistischer, die Über-/Zuweisung entgegennehmender Seite regelmäßig ein geringerer Versorgungsaufwand entstehe als bei der Betreuung eines eigenen, nur durch den Facharzt versorgten Patienten. Die ermittelten Durchschnittswerte hätten auch keine statistische Aussagekraft. Die Vergleichsgruppe 19 Untergruppe B sei ausschließlich nach Negativkriterien gebildet und weise keine Homogenität der in ihr zusammengefassten Internisten auf; dies gelte insbesondere hinsichtlich der Größe der Vergleichsgruppe, der Anzahl der Leistungserbringer und der Häufigkeit der Leistungen. Schließlich sei die qualifiziert eingesetzte sonographische Diagnostik als Praxisbesonderheit anzuerkennen; sie ermögliche insbesondere den Verzicht auf teure, aufwendige und teils nur stationär durchzuführende Diagnostik wie Computer- bzw. Kernspintomographie oder Angiographie. Exemplarisch werde zum Beleg von kompensatorischen Einsparungen auf fünf Fälle verwiesen, bei denen durch den Einsatz von Sonographie weitergehende Untersuchungen erspart wo...

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