Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

1. Nach § 74 SGB 12 werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Voraussetzung ist, dass der Anspruchsteller Verpflichteter ist und ihm die Kostentragung nicht zugemutet werden kann. Dessen wirtschaftlichen Verhältnissen kommt entscheidende Bedeutung zu.

2. Weigert sich dieser, Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen, so fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Anspruchsvoraussetzung einer Unzumutbarkeit der Kostentragung.

3. Ein Kostenerstattungsanspruch des Angehörigen gegenüber dem Sozialhilfeträger unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag setzt voraus, dass der Betreffende mit Geschäftsführungswillen tätig geworden ist. Daran fehlt es, wenn sich dieser verpflichtet gefühlt hat, dem Wunsch des Verstorbenen entsprechend ein Begräbnis durchzuführen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.12.2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 EUR, zahlbar an die Landeskasse, auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Bestattungskosten nach dem SGB XII in Höhe von 1.271,25 EUR.

Der 1971 geborene, kinderlose Kläger ist der Neffe der am 00.00.2013 in T verstorbenen N I, die die Schwester seines verstorbenen Vaters war. Diese bezog eine Altersrente; sie war unverheiratet und kinderlos und befand sich im Zeitpunkt ihres Todes in einer Einrichtung zur Kurzzeitpflege. Die Verstorbene hatte einen weiteren Bruder, der vermutlich in England lebte; ob dieser noch lebt oder Kinder hat, ist nicht bekannt. Der Kläger selbst hat zwei Geschwister.

Der Kläger befand sich am 29.04.2013 in Dänemark und wurde dort telefonisch durch das Pflegeheim über den Tod seiner Tante informiert. Die Polizei in T wandte sich zunächst an die nicht geschäftsfähige Mutter des Klägers und sodann an den vor Ort verfügbaren Lebenspartner des Klägers, der sich mit dem Beerdigungsinstitut S in Verbindung setzte. Der Kläger kehrte am 04.05.2013 aus Dänemark zurück und wandte sich am 05.05.2013 selbst an das Beerdigungsinstitut. Entsprechend dem Wunsch der Verstorbenen beauftragte der Kläger dort eine christliche Bestattung in Form einer anonymen Urnenbeisetzung, die am 10.05.2013 stattfand.

Hierfür stellte der Bestattungsunternehmer dem Kläger unter dem 27.05.2013 einen Betrag von 1.250,00 EUR in Rechnung; außerdem forderte das Friedhofsamt der Beklagten vom Kläger mit Gebührenbescheid vom 28.05.2013 insgesamt 560,00 EUR. Gegen den Gebührenbescheid legte der Kläger am 14.06.2013 Widerspruch ein, in dem er ausführte, er habe sich niemals bereit erklärt, die Beerdigungskosten für seine Tante zu übernehmen. Die Stadt möge sich an die Erben bzw. den Nachlassverwalter wenden. Er widerrufe die Kostenübernahme aus seinem Privatvermögen; alle Erben müssten bezahlen. Die beklagte Stadt wies darauf hin, dass ein Widerspruchsverfahren nicht statthaft sei, und korrigierte die Gebühren durch Bescheid vom 18.06.2013 auf 490,00 EUR, da die Friedhofskapelle nicht benutzt worden sei. Der Kläger lehnte die Kostenübernahme mit Schreiben vom 02.07.2013 erneut ab. Die Erben seien zur Kostenübernahme verpflichtet, er selbst sei jedoch nicht Erbe. Seine Unterschrift habe er bereits widerrufen. Er habe in aller Eile unterschrieben und dabei unter moralischem Druck gestanden. Die Stadt möge sich an den Nachlassverwalter wenden.

Mit einem am 04.09.2013 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben, das auf den 05.07.2013 datiert, beantragte der Kläger die Übernahme der Bestattungskosten durch das Sozialamt der Beklagten. Er sei nur Verwandter dritten Grades und werde die Kosten der Bestattung nicht übernehmen. Nach § 1968 BGB trage die Kosten der Bestattung der Erbe. Das Erbe werde er jedoch nicht antreten. Es gebe Verwandtschaft im Ausland, die vermutlich auch erbberechtigt sei; nähere Angaben könne er dazu aber nicht machen. Am 16.09.2013 legte er den ihm übersandten Antragsvordruck vor, machte darin zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen jedoch keine Angaben. Die Beklagte forderte ihn mit Schreiben vom 16.09.2013 unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten aus §§ 60 ff. SGB I auf, weitere Unterlagen und Nachweise vorzulegen. Nachdem der Kläger sich hierauf nicht mehr gemeldet hatte, versagte sie die beantragten Leistungen mit Bescheid vom 04.10.2013 mangels Mitwirkung.

In einem am 07.10.2013 eingegangenen Schreiben seines Bevollmächtigten vom 01.10.2013 ließ der Kläger mitteilen, er habe das Erbe nach seiner verstorbenen Tante ausgeschlagen. Hierzu legte er eine notarielle Urkunde des Notars C aus B vom 30.09.2013 vor. Wegen der Gebühren möge sich die Beklagte daher an den Erben - Herrn I - wenden; ...

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