Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausnahmeregelung des § 93 Abs 5 Nr 1 SGB 6. Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung
Orientierungssatz
Auch die erst nach Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung auftretende Berufskrankheit ist vom Normzweck des § 93 Abs 5 Nr 1 SGB 6 iS einer Nichtanrechnung erfaßt. An dieser für den Versicherten selbst geltenden Beurteilung des Verhältnisses zwischen Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung ändert sich durch den Tod des Versicherten nichts (vgl BSG vom 21.6.1995 - 5 RJ 4/95 = SozR 3-2600 § 93 Nr 1).
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gegen die Anrechnung einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) auf ihre Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).
Die ... 1921 geborene Klägerin ist die Witwe des ... 1922 geborenen und ... 1993 an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung verstorbenen Kurt L (Versicherter).
Der Versicherte hatte von August 1978 an Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit bezogen. Zuletzt war der Versicherte als Kauenwärter beschäftigt gewesen. Mit Wirkung vom 01. September 1982 an hatte die Beklagte die Rente des Versicherten in ein Altersruhegeld umgewandelt.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1993 gewährte die Beklagte der Klägerin vom 01. Mai 1993 an auf den Versicherten eine Große Witwenrente.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1994 gewährte die Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft in Essen der Klägerin auf den Versicherten rückwirkend vom 16. April 1993 an Witwenrente aus der GUV, da der Versicherte an den Folgen der Berufskrankheit Lungenkrebs in Verbindung mit einer Asbeststaublungenerkrankung verstorben sei.
Daraufhin machte die Beklagte gegenüber der Berufsgenossenschaft einen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Hinterbliebenenrente aus der GRV geltend und hörte die Klägerin am 04. April 1995 zu der Absicht an, den Bescheid vom 22. Juni 1993 teilweise insoweit aufzuheben, wie sich der Zahlbetrag der Hinterbliebenenrente aus der GRV um den anzurechnenden Zahlbetrag der Witwenrente aus der GUV verringere. Die sich demgemäß ergebende Überzahlung sei bis auf einen Restbetrag von DM 1.703,08 durch die Erstattung der Rentennachzahlung aus der GUV an die Beklagte ausgeglichen.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1995 kürzte die Beklagte sodann vom 01. Mai 1995 an die Hinterbliebenenrente der Klägerin aus der GRV auf einen Zahlbetrag in Höhe von DM 664,35 und stellte für die Vergangenheit eine Überzahlung von DM 21.847,85 fest.
Dagegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, daß der Versicherte an den Folgen einer erst nach Erreichen der Altersgrenze aufgetretenen Berufskrankheit verstorben sei. Deshalb ruhe die Hinterbliebenenrente aus der GRV nicht. Die Witwenrente aus der GUV werde wegen eines Versicherungsfalls gewährt, der sich erst ereignet habe, nachdem der Versicherte bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatte und Altersruhegeld bezog.
Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle bei der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 1995 zurück. Die Anrechnung von nachträglich erzieltem Einkommen auch mit Wirkung für die Vergangenheit sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Rente aus der GUV mit einer Rente aufgrund eigener Versicherung aus der GRV zusammentreffe, nicht aber bei dem Zusammentreffen mit einer Hinterbliebenenrente aus der GRV.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 12. Oktober 1995 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, daß das Absehen von der Anrechnung einer Rente aus der GUV auf die Rente aus der GRV auch für die Hinterbliebenenrente aus der GRV gelte. Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, daß zur Vermeidung von Doppelleistungen und Überversorgungen auf eine Hinterbliebenenrente aus der GRV eine Witwenrente aus der GUV anzurechnen sei. Eine Berufskrankheit ereigne sich, anders als ein Arbeitsunfall, bereits während der Dauer der gefährdenden Berufsarbeit. Dieser Zeitpunkt gehe grundsätzlich dem Eintritt des Versicherungs- oder Leistungsfalls der GRV voraus. Trete der Leistungsfall bei einer Berufskrankheit erst nach dem normalen Ausscheiden des Versicherten aus dem Erwerbsleben auf, habe der Versicherte grundsätzlich keine Einbuße erlitten, die ihn schlechter stelle als einen nicht geschädigten Arbeitnehmer.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 15. Dezember 1995 den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 1995 aufgehoben. Eine wesentliche Änderung der bei Erlaß des Bescheides vom 22. Juni 1993 gegebenen Verhältnisse sei nicht eingetreten. Eine Anrechnung der Witwenrente der Klägerin aus der GUV auf die Hinterbliebenenrente aus der GRV sei nicht möglich.
Gegen dieses, ihr am 16. Januar 1996 zugestellte, Urteil hat die Beklagte am 19. Januar 1996 Berufung eingelegt. Die Beklagte vertritt die Ansicht, daß eine Anrechnung nur im Falle des Zusammentreffens einer eigenen Rente aus der GUV mit einer eigenen Rente a...